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Bündner Traditionen sind nicht Unesco-würdig

Der Bundesrat schlägt acht Schweizer Traditionen für die Unesco-Liste der immatriellen Kulturerben vor. Ureigene Bündner Traditionen wie den Chalandamarz sucht man bei den Vorschlägen vergebens.

Südostschweiz
23.10.14 - 08:50 Uhr

Chur. – Chalandamarz, Sternsingen, Hürna, Maiensässfahrt, Troccas, Pschuuri und Scheibenschlagen. Alle diese ureigenen Bündner Traditionen standen dem Bundesrat zur Auswahl als Kandidaten für die Unesco-Liste des immatriellen Kulturerbes. Doch keine von ihnen wurde berücksichtigt. Statt Glockengeläut und Peitschenknallen schlägt die Schweiz der Unesco Piccolo und Trommeln als besonders bewahrungswürdiges Schweizer Kulturerbe vor. So schaffte es etwa die Basler Fasnacht neben sieben weiteren Traditionen auf die Liste der Kandidaten für die Unesco-Liste, der Chalandamarz aber nicht («suedostschweiz.ch» berichtete).

Im Unterengadiner Dorf Guarda, wo die Tradition des Chalandamarz besonders lebendig ist, nimmt man den Entscheid aus Bern gelassen hin. Natürlich sei das «etwas schade», meint der Guardner Gemeindepräsident Roger Vulpi. Jedoch brauche der Chalandamarz kein Label der Unesco, um zu überdauern. «Solange es genug Schüler hat, wird der Brauch gepflegt und von Generation zu Generation weitergegeben», ist Vulpi überzeugt.

Nationales Inventar besteht weiter

Der Bund hatte seine Wahl auf der Grundlage der «Liste der lebendigen Traditionen in der Schweiz» getroffen. Die Bündner Traditionen auf dieser nationalen Liste, die insgesamt 167 Beispiele umfasst, gehen auf Vorschläge des Bündner Amts für Kultur zurück.

Der stellvertretende Leiter der kantonalen Kulturförderung Armin Fontana relativiert die Bedeutung der Unesco-Liste des Bundes. «Auch wenn nicht alle Traditionen auf der ‘Liste der lebendigen Traditionen in der Schweiz’ der Unesco vorgeschlagen werden können, behält sie als nationales Inventar doch ihre zentrale Bedeutung für die Arbeit des Bundes im Bereich des immateriellen Kulturerbes.»

Graubünden indirekt berücksichtigt

Auf Anfrage erläuterte das Bundesamt für Kultur seine Beweggründe, warum es keine Bündner Traditionen auf die Kandidatenliste gesetzt hat. «Traditionen wie die Basler Fasnacht erfüllen unter dem Strich mehr Kriterien der Unesco», erklärt Thomas Antonietti, Präsident der für die Auswahl verantwortlichen Expertenkommission. Graubünden werde mit der getroffenen Auswahl aber nicht einfach links liegen gelassen.

Fünf der acht Schweizer Traditionen, die der Unesco als immatrielles Kulturerbe vorgeschlagen werden, hätten nämlich nationalen Charakter, hält Antonietti fest. Darunter fällen unter anderem der Umgang mit der Lawinen­gefahr und die Schweizer Alpsaison. «Diese beiden Traditionen sind in Graubünden fest verankert.» (bcm)

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