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Bilateraler Weg aus Sicht der EU am Ende

Die EU will künftig keine Abkommen mehr schliessen, ohne eine Lösung im Streit um die Übernahme von EU-Recht durch die Schweiz. Zudem verlangt die EU einen Rahmenvertrag für alle bisherigen und künftigen bilateralen Verträge.

Südostschweiz
14.12.12 - 23:10 Uhr

Brüssel/Bern. – Aus Sicht der EU ist der bilaterale Weg an seinem Ende angelangt. Das geht erneut aus dem finalen Entwurf der Antwort der EU auf den Brief des Bundesrates von vor rund einem halben Jahr hervor. Diese Version soll kommende Woche vom EU-Ministerrat verabschiedet werden. Das berichteten Radio SR DRS und das Westschweizer Radio RTS am Freitagabend.

Der Schlussentwurf liegt inzwischen auch der Nachrichtenagentur sda vor. Der Bundesrat hatte vor rund einem halben Jahr einen Brief an die EU geschrieben. Darin machte er Vorschläge zur Lösung der Streitfragen mit der EU.

Letztere verlangt eine «dynamische Übernahme» des sich laufend entwickelnden EU-Rechts in die bilateralen Abkommen mit der Schweiz. Aus ihrer Sicht sind die Bilateralen zu starr.

Die EU verlangt ein internationales Schiedsgericht, das bei Streitfragen entscheidet. Die Schweiz hingegen möchte ein unabhängiges Schweizer Überwachungsorgan zur Überprüfung der bilateralen Verträge, dessen Zusammensetzung allein von der Schweiz bestimmt wird. Das hatte der Bundesrat in seinem Brief an die EU-Kommission Mitte Juni vorgeschlagen.

In ihrer Antwort beharrt die EU auf einem internationalen Gericht. Das Argument: Die Schweiz nehme teilweise am gesamten EU-Markt und an der Politik der EU teil. Deshalb stehe die Schweiz «nicht nur in einem bilateralen Verhältnis zur EU sondern wird immer mehr Teil eines multilateralen Projekts». Deshalb beharrt die EU auch auf einem Rahmenvertrag.

Verschärft hat die EU auch ihre Kritik gegenüber der Schweiz bei der Personenfreizügigkeit. Bislang hatte die EU die Begrenzung der Einwanderung aus acht EU-Staaten als Verstoss gegen den «Geist» des Abkommens über die Personenfreizügigkeit qualifiziert.

Nun sieht die EU die Anrufung der Ventilklausel durch den Bundesrat als Verstoss gegen die «Bestimmungen und den Geist» des Abkommens. Die EU verlangt «dringend», dass die Ventilklausel wieder aufgehoben wird und dass die Schweiz keine neuen Massnahmen ergreift, die «unvereinbar mit dem Abkommen (zur Personenfreizügigkeit) sind».

Vor einer Woche hatte der Bundesrat entschieden, dass er über die Personenfreizügigkeit mit Kroatien verhandeln will. Kroatien wird voraussichtlich am 1. Juli 2013 EU-Mitglied. Die Schweiz möchte wie schon bei anderen EU-Neumitgliedern in der Vergangenheit auch bei Kroatien Übergangsfristen für die Zulassung von dessen Bürgern zum Schweizer Arbeitsmarkt aushandeln.

Mit keinem Wort erwähnt wird in der Antwort der Vorschlag der Schweiz, im Rahmen des Strom-Dossiers ein erstes bilaterales «Testabkommen» zu schaffen, um dann die so gefundenen institutionellen Lösungen als Referenz für künftige Abkommen mit der EU zu nehmen. Die EU beharrt darauf, zunächst die Streitfragen zu lösen.

Scharfe Kritik wird in der Antwort aus Brüssel erneut an den kantonalen Steuerprivilegien für Holdings geübt. Die Eu fordert gemäss Entwurf erneut die Abschaffung dieser Steuerprivilegien «in naher Zukunft». Kritisiert wird auch, dass die Schweiz im Atomstreit mit dem Iran nicht sämtliche Sanktionen der EU nachvollzogen hat.

Eine Antwort der EU zu den Vorschlägen aus Bern war schon seit Längerem erwartet worden. Doch schliesslich dauerte es fast ein halbes Jahr.

«Wir haben Kenntnis davon, dass die EFTA-Gruppe die Schlussfolgerungen der Beziehungen der EU zu den einzelnen EFTA-Staaten diskutiert», sagte die Mediensprecherin des Integrationsbüros, Kathrin Naegeli, am Freitagabend der sda lediglich dazu. (sda)

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