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Beziehung zwischen Schweiz und EU dominiert Festreden

Das Verhältnis der Schweiz zum Ausland und insbesondere zur Europäischen Union hat die Reden der Bundesräte und Parlamentarier am Vorabend des Nationalfeiertages dominiert. Während die einen vor einer Abschottung warnten, plädierten die anderen für Eigenständigkeit.

Südostschweiz
01.08.14 - 00:19 Uhr

Bern. – Verteidigungsminister Ueli Maurer zitierte in seiner Rede in Lützelflüh BE den Schweizer Dichter Carl Spitteler, der nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges für die absolute Neutralität der Schweiz eingestanden war.

Die Rede «Unser Schweizer Standpunkt», die Spitteler im Dezember 1914 in Zürich gehalten hatte, ist für Maurer ein zeitloses Dokument zur schweizerischen Einigkeit, Unabhängigkeit und zur Neutralität, verbunden mit dem Appell «an unsere traditionellen Werte wie Bescheidenheit, Demut, Dankbarkeit, Respekt vor den andern - aber auch getragen von einem Glauben an uns selbst».

Blocher: Druck von aussen ist Normalfall

Damals wie heute stehe die Schweiz unter Druck benachbarter und eigentlich befreundeter Staaten sowie internationaler Organisationen, sagte Maurer. Diese Entwicklung sei soweit gediehen, dass demokratische Entscheide bei Politikern im Ausland zu harschen Reaktionen führen könnten, sagte der SVP-Bundesrat mit Blick auf die Reaktionen nach der Annahme der Zuwanderungsinitiative seiner Partei.

Maurers Parteikollege Christoph Blocher ging im bernischen Krauchthal ebenfalls auf den internationalen Druck ein: Dieser sei der Normalfall in der Schweizer Geschichte. Davor brauche sich das Land nicht zu fürchten, wenn die Kraft zum Widerstand vorhanden sei, sagte der zurückgetretene Nationalrat, der sich inzwischen ganz dem Kampf gegen die EU widmet.

Gegen einen Konfrontationskurs mit der EU sprach sich hingegen SP-Bundesrat Alain Berset in Sursee LU und La Chaux-de-Fonds NE aus: Die Schweiz sei auf eine geregelte Beziehung und auch auf Zuwanderung angewiesen. Wer sich einen vollständigen Bruch mit Europa wünsche, verkenne die wirtschaftlichen und kulturellen Realitäten, sagte Berset.

Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann sagte in Rorschach SG, die Schweiz verdanke ihren wirtschaftlichen Erfolg zum wesentlichen Teil den offenen Grenzen. Doch diese offenen Grenzen provozierten auch Angst. Angst sei jedoch ein schlechter Ratgeber, um sich in einer globalisierten Welt gegen die Konkurrenz zu behaupten.

Levrats Schweiz wurde 1848 geboren

Mit Christian Levrat und Christophe Darbellay richteten sich am Donnerstag auch zwei Parteipräsidenten mit Festreden an die Bevölkerung.

CVP-Präsident Darbellay tat dies in seinem Heimatkanton Wallis, wo er die Tendenz zur Abkapselung der Schweiz kritisierte. Er rief dazu auf, den bilateralen Weg mit der EU weiterzugehen. Weder ein Beitritt zur Europäischen Union noch die Isolation seien gangbare Alternativen.

SP-Präsident Levrat wiederum veröffentlichte seine 1. August-Rede per Videobotschaft im Internet. Darin machte er deutlich, dass die Schweiz, die er liebe, nicht 1291, sondern vielmehr 1848 mit der Gründung des Bundesstaats geboren worden sei.

1918 sei dann aus dem Landesstreik die soziale Schweiz entstanden. «Das ist die Schweiz, für die ich mich täglich einsetze: Ein offenes Land mit Vertrauen in sein Schicksal, solidarisch mit den Schwächsten. Eine Schweiz für alle statt für wenige», sagte Levrat.

Berset ruft zum Dialog auf

Immer wieder wurde in den Reden zum 1. August auch das Erfolgsmodell Schweiz beschworen. Wirtschaftsminister Schneider-Ammann wies etwa auf die Wettbewerbsfähigkeit des Landes, die funktionierende Sozialpartnerschaft und die tiefe Arbeitslosigkeit hin.

Eine spezielle Botschaft hatte Innenminister Berset für seine Zuhörerinnen und Zuhörer parat: Pro 100 Einwohner gebe es in der Schweiz 130 Mobiltelefone, sagte er. Aber um miteinander ins Gespräch zu kommen, sei auch Freude an der Debatte nötig. Man lerne sich nicht kennen, indem man harmonisch nebeneinander schweige oder ab und zu ein «Smiley poste». (sda)

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