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Senioren-WG in Oberurnen: «Es wurden Missstände festgestellt»

Angestellte der Kleinwohngruppe Oberurnen klagten: Demente Bewohner werden gefesselt und gequält. Eine Untersuchung bestätigt die Vorwürfe gegen die ehemalige Heimleiterin weitgehend. Ob die betreute Senioren-WG geöffnet bleibt, ist noch unklar.

Südostschweiz
04.03.17 - 07:30 Uhr
Politik
Kleinwohngruppe in Oberurnen: Demente Bewohner wurden zu lange und «unsachgemäss» festgebunden. Bild Sasi Subramaniam
Kleinwohngruppe in Oberurnen: Demente Bewohner wurden zu lange und «unsachgemäss» festgebunden. Bild Sasi Subramaniam

von Ueli Weber

Als «Chalet des Schreckens» machte die Kleinwohngruppe Oberurnen Ende Januar schweizweite Schlagzeilen. Bewohner würden gequält und gefesselt. Auch die Staatsanwaltschaft eröffnete ein Verfahren gegen die Heimleiterin. Der Kanton Glarus hat die Senioren-WG unter die Lupe genommen und kommt nun zum Schluss: Es gab Missstände. Die Untersuchung stellte fest: Die vier teilweise dementen Bewohner der Senioren-WG wurden «unverhältnismässig lange» und «unsachgemäss» festgebunden. Zudem seien Fixierungen nicht wie vorgeschrieben protokolliert und mit den Angehörigen abgesprochen worden.

Auf Anfrage der «Südostschweiz am Wochenende» hat das zuständige Departement Volkswirtschaft und Inneres über die Ergebnisse des Aufsichtsverfahrens informiert. Wer die angeordneten Massnahmen liest, merkt schnell: Die Vorwürfe, welche zwei ehemalige Angestellte erhoben hatten, stimmten bis in Details. So verbietet der Kanton dem Heim ausdrücklich, demente Bewohner länger als eine halbe Stunde alleine auf dem Klo zu fixieren und dort essen zu lassen, wenn es nicht nötig ist. Die Angestellten hatten der Heimleiterin vorgeworfen, sie habe eine demente Bewohnerin auf der Toilette eingesperrt, wo sie ihr Morgenessen zu sich nehmen musste.

Verfahren der Staatsanwaltschaft vor Abschluss

Der Kanton sagt aber auch: Die Missstände seien nicht so grob, dass der Betrieb geschlossen werden müsste. Als Aufsichtsbehörde hat der Kanton eine Reihe von Massnahmen angeordnet, die der Trägerverein des Heimes nun umsetzen muss. Denn immer noch leben drei teilweise demente Bewohner in der Kleinwohngruppe. Ob diese geschlossen wird, klärt sich in den nächsten Tagen. Der Trägerverein muss entscheiden, ob er eine neue Bewilligung für das Heim beantragt. Die Leiterin der Wohngruppe erlag kurz nach Abschluss der Untersuchung einer schweren Krankheit. Die Bewilligung für den Betrieb des Heimes war auf ihren Namen ausgestellt.

Das Verfahren der Staatsanwaltschaft geht um mehrfache Körperverletzung und Delikte gegen die Freiheit. Staatsanwältin Dorothea Speich erklärt, das Verfahren stehe kurz vor dem Abschluss. Anklagen sind nach dem Tod der Heimleiterin unwahrscheinlich.

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