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Trump ignoriert Proteste von Hunderttausenden und kritisiert Medien

Hunderttausende Frauen sind am Samstag in mehreren grossen US-Städten gegen den neuen US-Präsidenten Donald Trump auf die Strasse gegangen. Trump kritisierte derweil, die Medien hätten die Besucherzahl bei seiner Vereidigung zu niedrig angegeben, um ihm zu schaden.

Südostschweiz
22.01.17 - 05:26 Uhr
Politik
In Los Angeles bestätigte die Polizei, dass über eine halbe Million Menschen am "Women's March" teilnahmen.
In Los Angeles bestätigte die Polizei, dass über eine halbe Million Menschen am "Women's March" teilnahmen.
KEYSTONE/AP/JAE C. HONG

Nach Schätzungen von Medien versammelten sich in Washington am Samstag mindestens 500'000 Menschen zu einem «Marsch der Frauen». Die Organisatoren sprachen gar von einer Million Teilnehmern. Der Verkehr im Herzen der US-Hauptstadt war fast den ganzen Tag über lahmgelegt.

In Los Angeles haben sich am Protestmarsch mehr als eine halbe Million Menschen beteiligt. Diese Zahl nannte ein Polizeisprecher in der kalifornischen Metropole, der von der grössten Massenkundgebung in Los Angeles seit 30 Jahren sprach. Die Organisatoren sprachen sogar von 750'000 Teilnehmern. In New York versammelten sich ebenfalls Hunderttausende.

Kein Kommentar von Trump

Trump und dessen Team äusserten sich nicht zu den Protesten. Ihn schien ein anderes Thema mehr zu beschäftigen: der Besucherauflauf zu seiner Vereidigung in Washington am Tag zuvor. Die «unehrlichen» Medien hätten absichtlich falsche Angaben über die Besuchermenge verbreitet. Er habe «eine Million, anderthalb Millionen Menschen» gesehen nach seiner Rede. Einige Medien hätten aber nur von 250'000 gesprochen.

Er bezog sich unter anderem auf Tweets, in denen ein Bild vom Publikumsandrang bei seiner Amtseinführung neben eine Aufnahme von den Zuschauern bei der Vereidigung seines Vorgängers Barack Obama gestellt worden war. Das Foto von der Trump-Vereidigung zeigte eine teilweise leere Fläche, die auf dem vergleichenden Bild voll bevölkert war.

Trump war offenbar so verärgert, dass er seinen Sprecher Sean Spicer in den Presseraum des Weissen Hauses schickte, um die Medien zurechtzuweisen. Das Foto von Trumps Vereidigung sei absichtlich so ausgeschnitten, dass es die Wahrheit verzerre, sagte Spicer und sprach von einem «schändlichen» Vorgang. Er drohte den Journalisten, er werde sie zur Rechenschaft ziehen.

Für Spicer war klar: «Das war die grösste Zuschauerzahl, die jemals einer Amtseinführung beigewohnt hat. Punkt.» Nachfragen liess der Pressesprecher nicht zu.

Gezählt wird nicht

Die Behörden in Washington geben keine offiziellen Zahlen zu Teilnehmern an der Amtseinführung heraus. Auf Fernsehbildern war jedoch deutlich zu sehen, dass die Fläche zwischen dem Kapitol, dem Sitz des US-Kongresses, und dem Washington Monument nicht vollständig mit Menschen gefüllt war.

Vergleichsbilder zeigten zudem, dass weniger Menschen anwesend waren als bei der Amtseinführung von Trumps Vorgänger Barack Obama. Mehrere US-Medien verglichen auch die Anzahl Fahrten in der U-Bahn der Hauptstadt mit früheren Feiern: Rund 570'000 seien es am Freitag gewesen - deutlich weniger als bei früheren Vereidigungen, berichtete die «Washington Post».

Auf Twitter lösten die Äusserungen Spicers vielfach empörte Reaktionen aus. Er mache sich lächerlich und sei kein Pressesprecher, sondern ein Propagandaminister, monierten Nutzer. Andere sahen in den Äusserungen einen Versuch, von den Protesten gegen Trumps Politik abzulenken.

Nicht nur Frauenanliegen

Neben der Massenkundgebung gegen Trump in Washington gab es «Schwesternmärsche» in mehreren hundert Städten der USA und im Ausland - von London über Paris bis nach Mexiko-Stadt und Sydney in Australien. In Schätzungen war von 2,5 Millionen Demonstranten weltweit die Rede. Offiziell bestätigt wurden die Zahlen nicht.

Die Proteste richteten sich unter anderem gegen Frauenfeindlichkeit, Gewalt, Rassismus, Homophobie und religiöse Intoleranz - sie reichten also weit über frauenspezifische Fragen hinaus. So marschierten auch zahlreiche Männer und Kinder mit. In mehreren Städten marschierten auch Prominente mit.

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