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Über 40 Prozent der Weesner wollen keinen «Koloss am See»

Zu massiv, untragbar, risikobehaftet: Die IG «Kein Koloss» macht mobil gegen ein umstrittenes Bauprojekt an der Weesner Riviera. In vier Wochen sammelte sie knapp 1700 Unterschriften gegen den wuchtigen Neubau. Ziel der Petitionäre: Sie wollen das Bauvorhaben stoppen – und die Gemeindeordnung ändern.

Südostschweiz
09.12.16 - 04:00 Uhr
Politik

Die Gemeinde Weesen hat einen Passus in ihrem Baugesetz, der es in sich hat: In der Kernzone 3 ist für Bauten keine maximale Firsthöhe festgelegt. Theoretisch könnte in dieser Zone 100 Meter hoch gebaut werden. Das Dorf am Walensee dürfte weithin die einzige Gemeinde sein, die so eine Bestimmung kennt. Gewusst hat das in Weesen kaum jemand – nicht einmal Gemeinderat Bruno Huber, wie er an einer Infoveranstaltung sagte. Architekt Huber sass in der Jury des entsprechenden Projekt-Wettbewerbs. Er habe auch gestaunt, als er das Projekt «Churfirsten» zum ersten Mal gesehen habe.

Huber bezeichnet dieses zwar als «durchdacht», trotzdem musste er im Baureglement nachschauen, ob es überhaupt gesetzeskonform ist. Denn: Die Projektsieger planen das Haus auf eine Höhe von knapp 25 Metern. Verteilt auf sieben Stockwerke sollen 15 Wohnungen entstehen.

«Weesner sind ungehalten»

Der geplante Bau hat einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Dieser entlädt sich nun in einer Petition, welche die IG «Kein Koloss» am Abend der Infoveranstaltung erstmals aktiv bewarb.

In vier Wochen haben die Petitionäre um die Weesner Martin Stöckli und Anne Keller fast 1700 Unterschriften gesammelt. «Wir haben von der grossen Mehrheit der Befragten viel Zuspruch erhalten», so Stöckli. Oft hätten die Unterzeichner mit Kopfschütteln auf das geplante Bauprojekt reagiert. «Viele Weesner sind sehr ungehalten über die jüngsten Bautätigkeiten im Ort.» Stöckli erwähnt die Überbauungen Staad oder Pelikan.

Die Petition wurde auch von Nicht-Weesnern unterzeichnet. Laut Stöckli stammen aber 740 Unterschriften von Ortsansässigen: Demnach sind rund 45 Prozent aller Weesner Einwohner gegen das Bauvorhaben. Die weitere Unterstützung komme von Personen, die in Weesen aufgewachsen sind und das Geschehen im Dorf verfolgten. Auch zahlreiche Tagestouristen empfinden ein solch wuchtiges Gebäude gemäss Stöckli als störend und unterschrieben die Petition spontan.

Projekt sofort stoppen …

Trotzdem sind die knapp 1700 Unterschriften «ein stärkeres Echo, als wir erwarten konnten», so Stöckli. Es haben mehr Personen unterzeichnet, als die 1621 Einwohner. Das erlaubt es den Petitionären, Forderungen zu stellen: Am Mittwoch übergaben sie die Petition nun dem Weesner Gemeindepräsidenten Markus Benz. «Wir wollen, dass der Gemeinderat die Verhandlungen mit dem Architekturbüro Schwarz abbricht», sagt Stöckli. Das Projekt sei ein «untragbarer Eingriff ins Ortsbild» und berge möglicherweise unwägbare bauliche Risiken. Stöckli konkretisiert dies damit, dass die Parzelle am Rand des früheren Seeufers liege. «Am nebenstehenden Restaurant ist ersichtlich, dass die Gefahr einer Absenkung besteht.» Diese müsste mit einer aufwendigen Pfählung verhindert werden.

… und Baureglement ändern

Die Interessengemeinschaft zweifelt zudem die Regeln der Norm an, nach welcher der Projektwettbewerb ausgeschrieben worden war. An der Orientierungsversammlung hatte sich der Gemeinderat skeptisch geäussert, ob das Projekt noch gestoppt werden könne.

Die IG lässt das kalt: «Nach unseren juristischen Nachforschungen ist der Rat dazu berechtigt, das Bauvorhaben zu stoppen.» Dies, weil der Investor des Projekts kürzlich ausgestiegen ist. Gemäss Regelung muss das Projektteam bis Bauabschluss dasselbe sein – dieses besteht explizit aus Architekt, Landschaftsplaner und Investor. Steigt einer aus, kann das Projekt sistiert werden.

Laut Benz besagt ein Passus in den Wettbewerbsregeln, dass der Gemeinderat sehr wohl einen neuen Investor bestimmen könne. Ob er dies machen werde, konnte Benz nicht sagen. «Der Gemeinderat wird die Petition analysieren und diskutieren.» Seines Wissens laufen derzeit tatsächlich Verhandlungen mit neuen Investoren und den Planern. (snu)

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