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Nationalrat diskutiert über Altersvorsorge

Nach der Abstimmung ist vor der Debatte: Der Nationalrat hat am Montagnachmittag die Diskussion über die Reform der Altersvorsorge aufgenommen. Heiss umstritten sind der Zuschlag von 70 Franken auf AHV-Renten und die Schuldenbremse für die Sozialversicherung.

Südostschweiz
26.09.16 - 16:08 Uhr
Politik

Darüber entscheidet der Nationalrat aber frühestens am Mittwoch. Die Beratungen zum Geschäft erstrecken sich über drei bis vier Tage. Am Montag steht zunächst die Eintretensdebatte auf dem Programm. Die Fraktionen werden die Gelegenheit nutzen, ihre grundsätzliche Haltung zur Reform zu erklären und bei besonders umstrittenen Punkten erste rhetorische Pflöcke einzuschlagen.

Unterschiedliche Lesarten

Zu reden geben wird auch der Urnengang über die Initiative «AHVplus» vom Sonntag . Die Reaktionen haben gezeigt, dass die Lager das Abstimmungsresultat unterschiedlich interpretieren. Die Linke sieht in über 40 Prozent Zustimmung ein klares Votum gegen Rentenabbau. Die Rechte versteht das Ergebnis als Auftrag, die Renten auf keinen Fall auszubauen.

In der Eintretensdebatte wird es daher auch um die Deutungshoheit über den Rentenzuschlag von 70 Franken gehen, den der Ständerat beschlossen hat. Wie die kleine Kammer wollen CVP und SP damit Einbussen ausgleichen, die durch die Senkung des Umwandlungssatzes entstehen.

Nach Ansicht von SVP und FDP handelt es sich jedoch um einen Rentenausbau. Sie haben in der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) durchgesetzt, dass der Zuschlag gestrichen wird. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Die Bundesverwaltung hat errechnet, dass die Renteneinbussen je nach Alter und Einkommen über 2000 Franken pro Jahr betragen.

Warnung vor extremen Lösungen

Zusätzlich möchte die Kommission eine Schuldenbremse für die AHV einführen: Sobald der AHV-Fonds unter ein bestimmtes Niveau sinkt, sollen zusätzliche Mehrwertsteuer-Prozente erhoben und das Rentenalter automatisch auf 67 Jahre erhöht werden.

Sozialminister Alain Berset hatte in seinem Kommentar zum Abstimmungsresultat vom Sonntag vor «extremen Lösungen» gewarnt. Um den Reformstau bei der Altersvorsorge zu beenden, brauche es mehrheitsfähige Lösungen.

Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, die Ausfälle durch die Senkung des Umwandlungssatzes mit verschiedenen Massnahmen in der beruflichen Vorsorge zu kompensieren. Die FDP will im Nationalrat einen «dritten Weg» aufzeigen, der ebenfalls einen Ausgleich innerhalb der zweiten Säule vorsieht.

Ausserdem steht der Vorschlag von Thomas Aeschi (SVP/ZG) zur Diskussion, die Vorlage aufzuteilen und zeitlich zu staffeln. Seiner Meinung nach ist eine gleichzeitige Reform von AHV und beruflicher Vorsorge überladen und nicht mehrheitsfähig. Daher soll zuerst das Frauenrentenalter angehoben werden. Erst danach würden der Umwandlungssatz gesenkt und die Schuldenbremse in der AHV eingeführt.

Bürgerliche Politiker und Teile der Wirtschaft hatten eine Teilung der Vorlage schon zu Beginn der Diskussion über die Reform der Altersvorsorge propagiert, sich aber nicht durchgesetzt. Der Ständerat und die Nationalratskommission haben die Idee nicht mehr aufgegriffen.

Strukturelle Probleme

Auch im Nationalrat dürfte sich letztlich die vom Bundesrat aufgegleiste Struktur durchsetzen - wenigstens in den Grundzügen. Es geht einerseits darum, die AHV ausreichend zu finanzieren. Da in den kommenden Jahren die geburtenstarken Nachkriegs-Jahrgänge ins Rentenalter kommen, droht der Sozialversicherung ein Milliardenloch in der Kasse. Dieses soll unter anderem mit zusätzlichen Mehrwertsteuer-Prozenten und einem höheren Frauenrentenalter gestopft werden.

Die zweite Säule andererseits leidet unter schrumpfenden Renditen und der steigenden Lebenserwartung der Versicherten. Darum soll der Umwandlungssatz, mit dem die Höhe der Rente anhand des gesparten Alterskapitals berechnet wird, von heute 6,8 auf 6 Prozent gesenkt werden. Die Renten sinken dadurch um 12 Prozent.

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