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Mehrere Schulen erklären sich "nussfrei"

Nüsse und Erdnüsse gehören zu den seltenen Lebensmitteln, die bei Menschen mit einer entsprechenden Allergie eine lebensbedrohliche Reaktion auslösen können. Betroffen sind oft Kinder. Mehrere Schweizer Schulen erklären sich deshalb als "nussfrei".

Südostschweiz
22.07.16 - 13:54 Uhr
Politik

"Unsere Schule wird nuss- und erdnussfrei", teilte die Leitung des Kindergartens und der Primarschule in Lausen BL den Eltern vor den Ferien mit. Begründet wird die Massnahme mit der Einschulung von zwei Kindern, die von einer starken Nuss- oder Erdnussallergie betroffen sind.

Schon Partikel von Nüssen lösen bei diesen Kindern einen anaphylaktische Schock aus, der lebensbedrohlich sein kann, heisst es im Mitteilungsblatt der Schule. Deshalb werden Kinder und Mitarbeitende angehalten, keine Nüsse oder Erdnüsse auf das Schulareal zu bringen.

Nicht alle Einwohner in der Oberbaselbieter Gemeinde zeigten Verständnis für die Massnahme, wie die Zeitung "Volksstimme" schreibt. Der Schulleiter sei manchen Anfeindungen ausgesetzt gewesen, weil alle Schulkinder in die Pflicht genommen werden.

"Spinnt ihr jetzt" war wohl eher eine der harmloseren Feststellungen. Laut "Volksstimme" sollte eine Petition gestartet werden, um die Massnahme zu verhindern. Diese wurde dann aber nicht lanciert. Die integrative Schule verlangt nämlich, dass auch schwer kranke Kinder die Volksschule besuchen können.

Einschränkung gilt nur für die Schule

Seit fünf Jahren ist die Schule Gabler in der Stadt Zürich "nussfrei". Rund 270 Kinder müssen sich daran halten. Schulleiterin Judith Benz sagte auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda, nur die ersten Monate seien etwas schwierig gewesen, bis alle Mechanismen funktioniert hätten.

In den letzten Jahren habe es aber nie ein ernsthaftes Problem gegeben, sagte Benz. Am Anfang jedes Schuljahres würden alle Eltern über die Vorgaben der nussfreien Schule informiert.

"Die Einschränkung ist nicht gross", sagte Benz. Immerhin gelte die Massnahme nur auf dem Schulareal. Nicht betroffene Kinder könnten zu Hause Nüsse und Erdnüsse essen.

Das "nussfreie" Schulhaus Gabler ist stadtbekannt. Laut Benz ziehen inzwischen Eltern ins Quartier, damit sie das von einer Nussallergie betroffene Kind dort einschulen können.

Für die Schule gebe es aber Grenzen, sagte Benz weiter. Wenn etwas passiere, könne sie keine Verantwortung übernehmen. Zeige ein Kind eine schwere allergische Reaktion, werde wie in anderen Fällen die Sanität gerufen.

Keine "glutenfreien" Schulen

Im Kanton Basel-Stadt ist noch nie das Anliegen einer "nussfreien" Schule eingereicht worden, sagte Markus Ledergeber, Leiter des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes, auf Anfrage. Eltern von Kindern mit Unverträglichkeiten oder Erkrankungen wie Allergien, Diabetes oder Epilepsie würden die Handhabung mit den Lehrkräften besprechen.

Ledergerber sagte, bevor eine Schule "nussfrei" erklärte werde, müsse die Schwere der Allergie abgeklärt werden. Vor allem müsse gut begründet werden, weshalb eine Schule diese Massnahme ergreife.

Nach Angaben des Vereins Erdnussallergie und Anaphylaxie gibt es mindestens 63 Schulen allein in der Deutschschweiz, die ein Allergenmanagement eingerichtet haben. Dies als Reaktion auf die Einschulung von Kindern mit einer schweren Allergie.

Einige Schulen erklären sich offiziell als "nussfrei", wie Angelica Dünner, Präsidentin des Vereins Erdnussallergie und Anaphylaxie sagte. Wenn ein Kind mit einer schweren Nussallergie eingeschult wird, müsse das Umfeld Rücksicht nehmen. "Die Mitschülerinnen und -schüler sind sehr rücksichtsvoll und interessiert".

Grosses Interesse bei den Lehrkräften

Die schwere Nussallergie sei nicht vergleichbar mit anderen Allergien oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten, die nicht lebensbedrohliche Reaktionen auslösen, betonte Dünner. Deshalb gebe es auch keine "gluten-" oder "laktose-freien" Schulen.

Das Allergiezentrum Schweiz (aha!) veranstaltet seit Jahren einen Workshop "Anaphylaxie" für Lehrkräfte, Erzieher und Betreuer, in dem medizinisches Hintergrundwissen zu schweren allergischen Reaktionen vermittelt wird. Informiert wird auch über die rechtliche Situation und über Massnahmen in einem Notfall.

Der jetzige Workshop sei ausgebucht, sagte Karin Stalder vom Allergiezentrum. Das Interesse bei Lehrkräften und Schulteams sei gross. Die Zahl der Anfragen steige laufend.

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