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Papst-Besuch bei erster christlicher Nation

Papst Franziskus ist zu Gast bei der "ersten christlichen Nation" in Armenien. Zu seinem Besuchsprogramm zählt ein Gebet, das den Opfern der Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich gewidmet ist.

Südostschweiz
24.06.16 - 17:03 Uhr
Politik

Bei seinem Besuch in der Südkaukasusrepublik Armenien hat Papst Franziskus die Christenheit angesichts weltweiter Bedrohungen zur Einheit aufgerufen. "Die Welt ist leider gezeichnet von Spaltungen und Konflikten (...), und erwartet von den Christen ein Zeugnis gegenseitiger Achtung und brüderlicher Zusammenarbeit", sagte Franziskus am Freitag einem vorab verteilten deutschen Redemanuskript zufolge.

Es war offen, ob der Papst die Massaker erneut als "Völkermord" einstufen würde, wie er es im April 2015 getan hatte. Die Türkei hatte daraufhin ihren Botschafter kurzzeitig aus dem Vatikan abberufen. Nach armenischen Angaben starben bei den Massakern im damaligen Osmanischen Reich zwischen 1915 und 1917 rund 1,5 Millionen Armenier.

Nach armenischer Zählung haben bereits 27 Länder das Massaker als Genozid bezeichnet, darunter neben den USA, dem Vatikan und Frankreich zuletzt auch Deutschland. Die Türkei reagierte scharf auf die Resolution des Bundestags vom 2. Juni. Sie selbst spricht von einem Bürgerkrieg mit Opfern auf beiden Seiten.

Die Armenische Kirche erklärte vorab, sie erwarte nicht zwingend, dass Franziskus erneut das Wort "Völkermord" sagen würde. "Wir kennen die Haltung des Papstes", sagte Kirchensprecher Wagram Melikjan der Nachrichtenagentur dpa.

Bewunderung und Schmerz

In einer Videobotschaft an die Armenier wiederholte das Oberhaupt der katholischen Kirche den Begriff Völkermord nicht mehr. Er komme in das Land, weil die "Ereignisse" in der Geschichte des armenischen Volks bei ihm "Bewunderung und Schmerz" auslösten, sagte Franziskus am Mittwoch.

Auf dem Flug nach Eriwan rief der Papst die Europäer angesichts des Brexit-Votums der Briten für einen Ausstieg aus der EU zu bedachtem Handeln auf. "Das erfordert von uns allen eine grosse Verantwortung", sagte er italienischen Medien zufolge.

Die Strassen von Eriwan erstrahlten zum Papstbesuch in Gelb-Weiss und Violett - den Farben des Vatikans und der Armenischen Kirche. Bei Sonnenschein erwarteten zahlreiche Schaulustige den Papst am Kirchensitz in Etschmiadsin vor den Toren der Hauptstadt.

Der päpstliche Besuch in Armenien dauert drei Tage. Zu seinem Besuchsprogramm zählen ein Gebet an der Gedenkstätte Zizernakaberd in der Hauptstadt Eriwan, die den Opfern der Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich gewidmet ist, und ein Besuch im Kloster Chor Virap mit Blick auf den Berg Ararat in der Türkei.

Zuletzt hatte Papst Johannes Paul II. die Kaukasusrepublik im Jahr 2001 besucht. Karekin lobte brüderliche Beziehungen der beiden Kirchen. Armenien erinnere sich mit Dankbarkeit an die "historische Predigt, die den Genozid verurteilte", sagte er einer Mitschrift zufolge.

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