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In Andeer geht es um die Wurst

In der neuen Joos Meztga Nova Andeer gibt es schon bald Fleischkäse und Lebersalsiz wie in den guten alten Zeiten. Dies ist der Initiative von Dorfbewohnern zu verdanken.

Südostschweiz
23.03.17 - 19:00 Uhr
Ereignisse
Bald riechts hier wieder nach Andutgel: Am Gebäude beim Brunnen werden gegenwärtig noch die letzten Umbauten getätigt. Bild Valentin Luzi
Bald riechts hier wieder nach Andutgel: Am Gebäude beim Brunnen werden gegenwärtig noch die letzten Umbauten getätigt. Bild Valentin Luzi

von Madleina Barandun

«Da kommt die Gang», raunts vom Stammtisch im Hotel «Weiss Kreuz» in Andeer, als Valentin Luzi und Gion Duri Cantieni mit Dokumenten bewaffnet vorbeirauschen.
Wie die beiden dem Dorf wieder zu einer Metzgerei verholfen haben, verdient in der Tat Bewunderung: Innert vier Monaten haben sie eine Aktiengesellschaft gegründet und 35 Investoren aufgetrieben. Mit deren 351 000 Franken und der Aufnahme einer Hypothek konnten sie jenes Gebäude kaufen und sanieren, in dem bis vor Kurzem die Dorfmetzgerei untergebracht war. Zudem konnten sie mit der Familie Fischbacher, die bereits in Thusis eine Metzgerei führt, erfahrene Fachleute für ihr Geschäft rekrutieren.
Ab Samstag, 8. April, werden in der Joos Meztga Nova Andeer lokale Spezialitäten wie Lebersalsiz und Fleischkäse über den Ladentisch gehen. Das Fleisch soll grösstenteils von Bauern aus der Umgebung stammen.

Ein lebendiger Dorfplatz als Ziel

Luzi und Cantieni setzen sich im «Weiss Kreuz» an einen Tisch, und die Geschichte der Metzgerei sprudelt nur so aus ihnen heraus. Cantieni, Initiator des Projekts, ist trotz Pensionsalter noch immer als Berater bei der Swiss Re tätig. Valentin Luzi, der neben Cantieni und Magnasch Michael im Verwaltungsrat der AG sitzt, ist Bauunternehmer und führt die Luzi-Gruppe mit Sitz in Thusis. Cantieni will mit dem Projekt seinem Dorf «etwas zurückgeben». Er sagt: «Ich wollte unsere Metzgerei nicht sterben lassen.» Nicht zuletzt auch, weil die umliegenden Läden wie die Sennerei darunter litten, wenn die Andeerer bei Coop oder Migros in Thusis einkaufen gingen. So fragte Cantieni denn im November beim Immobilienhändler, der im Auftrag Herbert Joos das Haus verkaufen sollte, nach dem Stand der Dinge. Noch vor Weihnachten konnte der Handel zwischen Joos und Cantieni per Handschlag abgesegnet werden.

Hunger nach lokalem Fleisch

Weiter gehts am Restauranttisch: Die beiden Männer erzählen, wie Cantienis Cousin, ein Anwalt aus Andeer, half, die Meztga Nova Andeer AG zu gründen. «So konnten wir die Sanierung initiieren und das Haus verpachten. Die AG soll zudem den Metzgern mit aktivem Feedback helfen», wie Cantieni anführt. Finanzielle Unterstützung bei Dorfbewohnern, Heimweh-Andeerern, Feriengästen und lokalen Unternehmen zu erhalten, sei unerwartet einfach gewesen. «Ich habe gemerkt: Beim Thema Metzgerei springt jeder auf.» Gerade der Fokus auf lokale Produkte und die Idee, den beliebten Spezialitäten des Metzgers Joos neues Leben einzuhauchen, seien auf helle Begeisterung gestossen. Joos, der die Metzgerei bis vor zwölf Jahren selbst geführt hat, hat mit seinen Produkten unzählige Auszeichnungen erhalten. Seine Wurstwaren waren weit über Andeer hinaus bekannt: Aus Chiavenna und aus dem Tessin seien Gäste angereist, um hier einzukaufen, sagt Luzi. Nun sollen diese Rezepte im Familienunternehmen Fischbacher wieder neue Verwendung finden. Fischbachers, die einen Pachtvertrag für drei Jahre unterschrieben haben, planen auch eine Zusammenarbeit mit dem Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb Meztga Viamala. Luzi, der den Umbau des Gebäudes koordiniert, sagt: «Nur durch die speditive Arbeit der Gemeinde und der kantonalen Ämter konnten wir alles in solch kurzer Zeit realisieren.» Die Gemeinde habe zudem einen namhaften Betrag beigesteuert. Rekordverdächtig ist vor allem auch die Begeisterung, die von den beiden Männern ausgeht.

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