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Zum Jubiläum ein Vorschlag zur Medienfinanzierung

«La Quotidiana», die Tageszeitung der Rätoromanen, feiert ihr 20-Jahr-Jubiläum. Was es braucht, um ihre Zukunft zu sichern, erläuterte Somedia-Verleger Hanspeter Lebrument in seiner Festansprache, die wir hier im Wortlaut zeigen.

Südostschweiz
18.03.17 - 11:00 Uhr
Ereignisse

Sehr geehrte Damen und Herren

Vor 25 Jahren war ich Mitbegründer der Agentura Novitats da Rumantsch, vor 20 Jahren Gründer der rätoromanischen Tageszeitung «La Quotidiana».

Die heutige Zeit ist wegen des Einbruchs des Nutzer- und Werbemarktes geprägt vom Zeitungssterben. Es wäre schön, wenn unter den Zeitungsopfern nicht «La Quotidiana», die Tageszeitung der Rätoromanen, sein muss. Deshalb, und nur deshalb halte ich eine kurze Rede.

Die Rumantschia war nie in der Lage, Radio, Fernsehen und Tageszeitung aus eigener Kraft zu machen. Selbst periodisch erscheinende Lokalzeitungen, in oder in teils rätoromanischer Sprache, oder ein guter Onlinedienst bedurften der Unterstützung Dritter. Die Medien der vierten Landessprache gibt es nur, weil sie massgeblich vom übrigen Teil des Landes mitfinanziert werden. Die Schweizer Bevölkerung hat mit überragender Mehrheit ein Bekenntnis zur vierten Landessprache, das heisst zum Sprachenartikel, abgelegt. Damit haben die Rätoromanen ein Recht, auf einem der wichtigsten Gebiete, dem Gebiet der Medien, eine gute Versorgung für Print, Radio, Fernsehen und Online zu fordern. Die Rätoromanen haben aber auch die Pflicht, sich bei aller Unterschiedlichkeit zu einer gemeinsamen Lösung zu finden und hinter ihr zu stehen.

Das Entscheidende ist die Finanzierung, die national gelöst werden muss. Inhaltlich und publizistisch sind die stolzen Rätoromanen selbst in der Lage, einen qualitativen und journalistisch richtigen Weg zu gehen. Da brauchen sie keine Hilfe.

Also rede ich als Nichträtoromane über die Finanzen. An staatlichen Mitteln stehen für die rätoromanischen Medien heute 25 Millionen Franken für Radio und Fernsehen und 1,1 Millionen Franken für die Presse zur Verfügung. An nicht-staatlichen Erträgen kommen wenige Einnahmen aus den privaten Abonnementen und aus dem Inseratengeschäft. Erleichterung für die gesamte schweizerische Presse wird durch die indirekte Presseförderung und den erleichterten Mehrwertsteuersatz geleistet. Auch hier profitieren die rätoromanischen Medien mit.

Entscheidend für ein gesamtheitliches rätoromanisches Medienwesen sind aber die rund 26 Millionen Franken, die aus Gebühren und Steuermitteln, also vom Staat, kommen.

Brauchen die Rätoromanen, um eine konvergente Medienlandschaft langfristig zu erhalten, mehr als die bisher zur Verfügung stehenden öffentlichen finanziellen Mittel? Untersucht man den Willen, über Steuer oder Gebührengelder den Medien im Allgemeinen und den Rätoromanen im Besonderen mehr zukommen zu lassen, so darf man dies klar verneinen.

Wenn es also den Rätoromanen gelingt, ihre rund 26 Millionen staatliche Mittel für ihre gesamte Medienlandschaft geschickt einzusetzen, erbringen sie eine reife, politische, publizistische und organisatorische Leistung. Eine eigene rätoromanische Medienorganisation wäre ein starkes, nationales Zeichen, das hierzulande mit dem Begriff Service Public verstanden wird. Jeder tut, was er kann. Die Rätoromanen, und nicht die SRG, nicht Somedia oder andere Verlage, sind die letzte, also die verlegerische Kompetenz für die spracheigenen Medien. So oder so wird die zurzeit heftig geführte Service-Public-Debatte in der Schweiz neue Player in den Medien aufkommen lassen und bisherige, vor allem die SRG, bei ihren vielen Sendern und Kanälen einschränken. Eine rätoromanische Medienorganisation wäre eine Bereicherung des schweizerischen Service Public. Dieser Service-Public-Gedanke ist ein zentrales Element einer neuen Konzeption des rätoromanischen Medienwesens.

Dies bedeutet, dass für das gesprochene Wort und für das Bild weniger als heute die 25 Millionen Franken, für das Geschriebene mehr als die eine Million Franken zur Verfügung gestellt werden müssen. Insgesamt aber nicht mehr als 26 Millionen. Das ist die eine der wichtigen Hauptlinien einer «neuen Konzeption rätoromanischen Medienwesens».

Ein Zusammenschluss von rätoromanischem Radio, rätoromanischem Fernsehen, ANR, deren Hauptaufgabe die Herausgabe mindestens einer rätoromanischen Tageszeitung ist, ist damit ein wesentlicher Punkt dieser neuen Konzeption. Herauslösen von Radio und Fernsehen und Tageszeitung aus der heutigen SRG und Somedia und vielleicht aus anderen Lokalverlagen in ein rätoromanisches Mediengefäss, täte der ganzen rätoromanischen Bewegung gut.  

Drittens: Alle rätoromanischen Medien, Radio, Fernsehen, Presse und Online, müssen allen Rätoromanen unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Das heisst, der Rätoromane hat wie alle anderen Einwohner zwar die Haushaltabgabe, wie im Radio und Fernsehgesetz festgehalten, zu bezahlen. Die rätoromanischen Haushaltungen beziehen also mindestens die Tageszeitung gratis.

Die neue rätoromanische Medienorganisation schliesst mit den wichtigsten Medienherstellern und ihren bisherigen Vorgesetzten, wie SRG, Somedia, eventuell den lokalen Herstellern reine Herstellungs- und Verbreitungsverträge ab. Das verhindert unsinnige Investitionen in Technik, Herstellung und Verbreitung. Diese Instrumente sind bereits da und können von allen gegen Entgelt genutzt werden.

Wir haben in den letzten 25 Jahren wesentliche Schritte und Entwicklungen für das Gedeihen der Rätoromanischen Medien getan. In der heutigen medialen Krisensituation müssen die rätoromanischen Medien, weil sie zahlenmässig einen kleinen Raum, wenig Leute und eine kleine Sprache bedienen, als Einheit auftreten. Also führen wir diesen Weg mit einer rätoromanischen Medienorganisation weiter.

Somedia-Verleger Hanspeter Lebrument

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