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Die Rompilgerinnen 
schreiben im Vatikan 
Kirchengeschichte

Auch wenn der Papst sie nicht persönlich empfing: Die Rompilgerinnen feierten im Petersdom einen Triumph. 
So teilten Initiantin Hildegard Aepli und die Joner Seelsorgerin Esther Rüthemann als erste Frauen der 
Kirchengeschichte überhaupt im Petersdom den Gläubigen die Kommunion aus – das ist ein starkes Symbol 
für das Anliegen von «Kirche mit* den Frauen». Bilanz und Ausblick einer langen Reise.

Südostschweiz
22.07.16 - 17:18 Uhr
Ereignisse

Es war eine lange Reise: 62 Tage waren die Pilgerinnen für eine «Kirche mit* den Frauen» zu Fuss nach Rom unterwegs – ganze zweieinhalb Tage davon schweigend. Auf den 1200 Kilometern nach Rom trank jede Pilgerin gegen 130 Liter Wasser und trug einen rund 10 bis 15 Kilogramm schweren Rucksack.

Unzählige Blasen, Mückenstiche und viele verschiedene, meist sehr bescheidene Schlafplätze nahmen sie auf sich. Und sie liefen «nicht alleine nach Rom», wie es Bischof Markus Büchel beim Start am 2. Mai in St. Gallen den Pilgern zurief. Zwar meinte er damit «Gedanken und Gebete», aber auch physisch begleiteten insgesamt über 2000 Pilgerinnen die Kerngruppe auf einer oder mehreren der 52 Etappen.

Pilgern ist mehr als Wandern – «Pilgern ist auch Beten mit den Füssen», heisst es im Tagebucheintrag vom 2. Juni. Die Leserinnen der «Südostschweiz» konnten dank des Pilgertagebuchs wöchentlich miterleben, was die Pilgerinnen erlebten und was sie bewegte – sie haben viel bewegt, im wahrsten Sinn des Wortes. Nun zieht die Joner Seelsorgerin Esther Rüthemann vom Kernteam Bilanz und blickt in die Zukunft.

Das Anliegen einer Prostituierten

Sie ist seit drei Wochen wieder zu Hause. Die Seelsorgerin erzählt von der zweitletzten Etappe. Es sei die schwierigste gewesen: «Es war ein sehr heisser Tag. Wir waren kurz vor der Stadtgrenze Roms auf einer Überlandstrasse.» Die war stark befahren, viele Lastwagen donnerten an der Pilgergruppe vorbei.

«Alle 500 Meter stand eine Prostituierte an der Strasse», erinnert sich Rüthemann. Das sei eigenwillig gewesen. «Wir liefen für eine Kirche mit den Frauen nach Rom und sahen kurz vor dem Ziel das Elend dieser Frauen.»

Bereits in einer früheren Etappe lernten sie auf einem Parkplatz «irgendwo in der Pampa» eine Prostituierte kennen. «Sie war 20-, 22-jährig und stand in High Heels auf dem Parkplatz und lachte lauthals los, als sie uns erblickte», erzählt Rüthemann. Wieso wir dort draussen zu Fuss unterwegs seien und nicht mit dem Auto oder dem Bus.

«Nachdem wir eine Weile mit ihr geredet hatten, verstand sie, um was es uns ging.» Die junge Frau habe ihnen ein Anliegen diktiert – schreiben konnte sie nicht –, welches die Pilgerinnen mit den Hunderten weiteren Anliegen nach Rom trugen: Sie wolle, dass sie und ihre Familie ein gutes Leben führen können und sie «einen guten Mann» finden werde.

«Dann», sagt Rüthemann und blickt ins Licht der Kerze, die auf dem Tisch in ihrer Wohnung steht, «dann haben wir alle geweint und sie fiel in unsere Arme.» Das sei es doch, weshalb sie unterwegs gewesen seien. «Und weiter unterwegs sind: für eine lebendige, geerdete und geschwisterliche Kirche.» Es gebe so viele Anliegen von Menschen, die dieser Kirche angehören. Von Prostituierten, von Verheirateten und Schwulen, von Geschiedenen, von Frauen und Männern.

Über weitere Eindrücke und Erlebnisse der Rompilgerinnen, ihre Erwartungen an Papst Franziskus und darüber, mit welchen Initiativen die Reise nun weitergeht, ist am Samstag in der «Südostschweiz» See-Gaster zu lesen. (so)

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