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Der König der Wälder

Was für uns der Steinbock, ist für die Schweden der Elch. Er ist der König der Wälder, das grösste Tier in diesem, und im 18. Jahrhundert wäre er beinahe ausgerottet worden. Ich behaupte jetzt mal, dass es der Traum eines jeden Schwedenreisenden ist, einen Elch in freier Natur zu sehen. Ich habs bis jetzt nicht geschafft. Meine Elche, die ich bis jetzt gesehen habe, waren solche in Zoos oder Elchgehegen. Mein Liebling ist Holger und wohnt auf Schlöss Östermalma.

Südostschweiz
15.06.16 - 16:28 Uhr
Ereignisse
 

Es schon etwas deprimierend. Wenn man über Land fährt, steht alle paar Kilometer ein Warnschild «Vorsicht vor dem Elch». Und tatsächlich sind 20 Prozent aller Autounfälle in Schweden durch Elche verursacht. Es würde mich ja wundern, was da in Bern die Verantwortlichen von Via sicura für Panikanfälle bekommen würden. In Schweden setzt man auf Information und die Vernunft der Autofahrer. Trotzdem habe ich bis heute noch keinen frei lebenden Elch gesehen.

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Auf schwedischen Strassen wird an vielen Stellen vor Elchen gewarnt. Bild Andrea Ullius

Gründe für die «Unsichtbarkeit» der Elche gibt es einige. Primär sind sie sehr scheu und eher nachtaktiv. Zudem haben sie tatsächlich eine sagenhafte Fähigkeit, sich beinahe unsichtbar zu machen. Manch ein Jäger kann da ein Lied davon singen.

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Im hohen Grass oder im Dickicht sind Elche oft nur schwer zu erkennen. Bild Andrea Ullius

Elch, der grösste Hirsch der Welt

Der Elch ist die grösste Hirschart der Welt und bringt bis zu 800 Kilogramm auf die Waage. Die Bullen erreichen eine Schulterhöhe von bis 2,4 Metern und eine Länge von drei Metern. Der Bursche passt also in kein herkömmliches Parkhaus. Das mit dem Parkhaus kommt mir jetzt grad in den Sinn, da ich heute für mein VW-Büssli zuerst ein Parkhaus suchen musste, das nicht auf 2,0 Meter Höhe beschränkt war. Zurück zum Elch. Er rennt bis zu 60 Stundenkilometer schnell, kann schwimmen, bis zu einer Minute tauchen und Zäune von über zwei Metern Höhe überspringen. Und noch was: Ein Geweih haben nur die Männchen.

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Meine ersten Elche habe ich 2009 im Laganland Älgpark gesehen. Bild Andrea Ullius

So viel zu den Fakten. Was also tun, wenn man in der freien Natur keinen Elch entdeckt? Man geht in den Zoo oder in einen Elchpark. Vorteil dieser Einrichtungen ist natürlich, dass man mit Garantie einen Elch sieht. Subjektiver Nachteil ist, dass einige dieser Elchparks zu einem wahren Streichelzoo verkommen sind.

Auf Schloss Östermalma in Sörmland lebt unter anderem Holger, ein stattlicher Bursche. Er ist zwar zahm, hat aber doch noch einen gewissen Respekt von den Besuchern. Er darf auch nicht gefüttert werden und hat ein sehr grosses Gelände, auf dem er sich bewegen und bei Bedarf zurückziehen kann.

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Das ist Holger. Er lebt mit seinen Kumpels auf Schloss Östermalma. Bild Andrea Ullius

Wenn die Elche zahm sind

Das Gegenteil von Östermalma ist die Dalsland Moose Ranch. Auch hier haben die Tiere viel Platz zur Verfügung und können sich ihr Futter grundsätzlich selber suchen. Allerdings werden sie mehrere Male am Tag an den Futterstellen beim Parkeingang gefüttert. Das können die Zuschauer tun. Und dann bricht die Hektik aus. Alle Besucher wollen einen Elch streicheln, ein Selfie mit Älgert und seiner Familie machen und sie mit Zweigen füttern. Diese Art von Kontakt zu den Elchen finde ich persönlich übertrieben. Wenn dann sogar die Elchkuh mit ihren beiden Kleinen kein Wank macht, wenn die Gäste nach ihren Jungen tatschen, dann ist das zu viel des Guten. Es kann aber auch sein, dass ich das falsch verstanden habe und es mir da einfach zu laut und zu unzivilisiert zu und her ging. Vielleicht kann man ja Elche auch domestizieren, wie die Katzen.

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Herzig die kleinen Elche. Die Besucher sind total begeistert und füttern sie. Bild Andrea Ullius

Zur Zeit gibt es in Schweden ungefähr 400'000 Elche. Im Herbst ist grosse Jagd, da werden 100'000 davon erlegt. In den Restaurants findet man Elch aber relativ selten auf der Speisekarte. Die Jäger füllen lieber ihre eigene Gefriertruhe. Elch schmeckt übrigens eher nach Rind, denn nach Wild. Elchfleisch kann man teilweise auch im Supermarkt kaufen. Nebst Steaks usw. gibt es auch Elchsalami. Die ist noch ganz lecker. Es gibt sogar Onlineshops, die Elchprodukte verkaufen.

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Auch auf Skansen in Stockholm hat es ein grosses Elch-Gehege. Bild Andrea Ullius

Tipps für die Elch-Beobachtung

Wie schon erwähnt, habe ich bis jetzt noch keinen Elch in freier Wildbahn gesehen. Das will ich jetzt endlich ändern. Deshalb reise ich morgen Richtung Norden nach Åmotsbruk und mache im Ressort Stilleben halt. Die bieten unter anderem auch Elchbeobachtungen an. Zur Sicherheit habe ich einige Tips eingeholt und mir eine Taktik zurecht gelegt.

  • Elche beobachtet man am besten in den langen Abendstunden eines Sommertages. Im Gegensatz zu euch haben wir hier beides.
  • Elche sind Einzelgänger. Ausnahme sind Elchkühe, die ab und zu ein bis zwei Kälber oder auch mal einen einjährigen Elch dabei haben. Man muss also gut hinschauen und euch etwas Geduld haben.
  • Idealerweise fährt man mit dem Auto auf entlegenen Waldwegen und hält bei langsamer Fahrt Ausschau nach den Elchen. Langsam heisst Schritttempo.
  • Die besten Beobachtungsorte sind offene Flächen, Weiden, Rodungen. Hier hat man auch den besten Überblick.
  • Frag Einheimische, wo die beste Orte sind um einen Elch zu sehen. Elche sind recht standorttreu
  • Ein Fernglas ist ein guter Helfer. Trotz der Grösse werden Elche auf Distanz klein…;-))

Ich hoffe also, dass ich noch in diesem Jahr einen Elch in freier Natur sehe. Drückt mir bitte den Daumen.

 
 

Kleine Fussnote

In den nächsten Wochen berichte ich für Euch aus Schweden, meiner zweiten Heimat. Dabei stehen natürlich meine Erlebnisse im Vordergrund. Ich möchte Euch aber auch Einiges über das Leben und die Gepflogenheiten in Schweden vermitteln. Ich freue mich, wenn ich Euch unterhalten und informieren kann. Wenn Ihr Fragen zu Schweden habt, dann versuche ich diese im Rahmen dieses Blogs zu beantworten. Schreibt also munter drauflos.

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