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«Der produktivste Dieb der Schweiz»

Der von der Kantonspolizei Graubünden gesuchte rumänische Serieneinbrecher Vasile Stanciu findet nun auch in den heimischen Medien Beachtung.

Südostschweiz
25.07.15 - 07:00 Uhr
Ereignisse

Mehrere Dutzend Einbrüche hat Vasile Stanciu laut der Kantonspolizei Graubünden seit 2013 im Churer Rheintal, im Domleschg und im Prättigau begangen. Die Deliktsumme beträgt rund 150 000 Franken. (Ausgabe vom 4. Juli) Schweizer Medien haben über den Rumänen nicht zuletzt deshalb berichtet, weil Stanciu seine Beutezüge im Kanton sowie sein Familienleben in seiner Heimat ausführlich auf Facebook mit Fotos dokumentiert hat.

Das Selfie im rumänischen TV

Jetzt sind auch die Medien in Rumänien auf den 35-jährigen Seriendieb aufmerksam geworden. So zeigt beispielsweise der rumänische Fernsehsender Pro TV Bilder aus seinem Wohnort wenige Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt Vaslui. Und auch die rumänische Boulevard-Zeitung «Liber Tatea» «widmet» dem in der Schweiz Gesuchten einen längeren Artikel. Eingeleitet wird der TV-Bericht vom Fahndungsbild Stancius der Kantonspolizei Graubünden. Das Besondere an diesem Foto: Es handelt sich dabei um ein Selfie, das Stanciu mit einem gestohlenen Handy gemacht hat. Das Handy hat er bei einem späteren Einbruch verloren, und es ist deshalb in die Hände der Polizei gelangt.

«Er war in Italien und Bukarest»

Offiziell wissen Stancius Freundin und seine Mutter nicht, mit was das Familienoberhaupt sein Geld verdient. «Ich weiss gar nichts, beteuern sie den Journalisten. «Er arbeitet in Italien, ich weiss gar nichts.» Und als der Reporter nachhakt: «Glauben Sie denn nicht, was die Schweizer Polizei über Ihren Sohn sagt?» – «Er war in Italien und Bukarest.»

Doch auch den beiden Frauen dürfte klar sein, dass man mit ehrlicher Arbeit in so kurzer Zeit nicht zwei Häuser, das grössere für seine Familie, das kleinere für seine Mutter bauen kann. Zudem sind die Bauten, wie man auf Stancius Facebook-Bilder unschwer erkennen kann, mit modernen und teueren elektrischen Geräten ausgestattet. Offenbar hat der für diese Gegend unübliche Luxus auch den Journalisten von «Liber Tatea» beeindruckt. Er bezeichnet Stanciu als «den produktivsten Dieb der Schweiz».

Trotzdem scheint dessen Freundin Ana-Maria mit dem Vater ihres einjährigen Sohnes – im September erwartet sie ein zweites Kind – nicht vollständig glücklich und zufrieden zu sein. Sie beschwert sich, dass er während seiner «Arbeit» kein Geld nach Hause schickt. Sie leide an Epilepsie, sagt sie. Aber im kommenden Herbst soll alles besser werden. Dann wird er sie heiraten. «Das hat er versprochen.»

Wenig Bedeutung misst man in Rumänien offenbar dem internationalen Haftbefehl zu, den die Staatsanwaltschaft Graubünden angeordnet hat. In Rumänien ist Stanciu in Sicherheit, da hat er keine Auslieferung zu befürchten. Dies ist auch dem Mediensprecher der Staatsanwaltschaft, Maurus Eckert bewusst. Man hoffe natürlich, dass Stanciu ausserhalb Rumäniens gefasst werde, sagt er.

Tarnung und ein wenig Glück

Dass sich Stanciu noch immer auf freiem Fuss befindet, verdankt er einerseits seiner ausgezeichneten Tarnung. Er befindet sich Tag und Nacht überwiegend im Wald und verlässt diesen Schutz jeweils nur kurz für seine Beutezüge. Trotzdem wäre er zweimal beinahe erwischt worden. Einmal im Jahr 2012 wurde er in Graubünden von der Polizei kontrolliert und befragt. Da er damals jedoch noch ein unbeschriebenes Blatt war und man ihm nichts Konkretes vorwerfen konnte, musste man ihn wieder laufen lassen.

Knapper war es im August 2014. Hier wurde Stanciu in Chur West auf dem Velo von einem Autofahrer anhand des Fahndungsfotos erkannt. Dieser rief umgehen die Kantonspolizei an und verfolgte Stanciu mit seinem Auto von der Raschärenstrasse in Richtung Kasernenstrasse. Doch Stanciu bemerkte seinen Verfolger und flüchtete über den Fussgängerzugang der Migros und weiter über den Foralweg in den Wald. Die Suche der kurze Zeit später eingetroffenen Fahnder verlief ergebnislos. (Hansruedi Berger)

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