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„Himmelhoch und Erden schön“ – die Alpwirtschaft im Sernftal.

An der Hauptversammlung des Ortsgeschichtsvereins Engi (OGV) referierte Erika Rhyner aus Engi über die verschiedenen Facetten der Alpwirtschaft, insbesondere derjenigen im Sernftal.

Mittwoch, 27. April 2016, 15:48 Uhr

Der Ortsgeschichtsverein Engi (OGV) hat an seiner Hauptversammlung am 5. März 2016 das Präsidium neu besetzt. Nach 16 Jahren trat Karin Marti-Weissenbach als Vereinspräsidentin zurück. Die Versammlung verdankte der abtretenden Präsidentin ihre fachkundige, engagierte Arbeit und ihren grossen Einsatz herzlich und verabschiedete sie mit langem Applaus. Mit einem Landammannmehr wurde Thomas Marti aus Engi zum neuen Vereinspräsidenten gewählt. Mit einem Bachelorabschluss in Kunstgeschichte, Theorie und Geschichte der Fotografie sowie Psychologie und Arbeitserfahrung in Museumsarbeit und kulturwissenschaftlicher Forschung ist der junSge Präsident bestens qualifiziert. Im vergangenen Vereinsjahr hat der OGV Projekte im Zusammenhang mit der Geschichte von Engi unterstützt. An der ‚Stubete’ im November stellten Vorstandsmitglieder Bücher aus der ehemaligen Jugend- und Volksbibliothek Sernftal vor, die ab ca. 1920 bis zum Zweiten Weltkrieg neben der Bäckerei bzw. dem Gemischtwarenladen Blumer-Coray von Bettina Blumer betrieben wurde. Der Anlass wurde vom Trio ‚Stubete‘ musikalisch umrahmt. Als eigenes Projekt ist zurzeit die Edition des 200-jährigen Lagenbuchs der Kirchgemeinde Matt-Engi in Arbeit.

Die Hauptversammlung des OGV wurde durch einen Vortrag von Erika Rhyner aus Engi über die Alpwirtschaft im Sernftal abgerundet. Zusammen mit ihrem Mann pachtete die in Elm aufgewachsene Referentin die Alp Empächli. Heute sennt dort einer ihrer Söhne. Als Vorstandsmitglied des Alpwirtschaftlichen Vereins Glarnerland beschäftigte sich Erika Rhyner auf verschiedenen Ebenen mit der Alpwirtschaft.

Ein guter Älpler bzw. eine gute Älplerin ist eine innerlich gefestigte Person, die mit Ruhe arbeiten kann. Der haushälterische Umgang mit den Kräften ist essentiell, wenn man den Sommer über täglich körperliche Schwerarbeit leisten muss. Mit dieser Beschreibung leitet Erika Rhyner das Referat ein. Die Stärke und Ruhe des Älplers spiegeln Eigenschaften der Alp an sich wider. Es ist ein Ort, an dem man die Seele auftanken kann. Die Anziehungskraft der Alpen zeigt sich auch an der zunehmenden Nachfrage nach touristischen Angeboten. So hat der Alpverein Glarnerland ein Mandat, den Agrotourismus vermehrt aufzugleisen und zu fördern.

Die Bewirtschaftung der Alpen ist für die Kulturlandschaft von grosser Wichtigkeit. Ohne Älpler würden die Bergweiden verganden und verwalden. Die hohe Bedeutung der Alpen in der Schweizer Landwirtschaft zeigen auch die Zahlen. Rund ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche in der Schweiz sind Alpen. 7300 Sömmerungsbetriebe mit 600'000 Raufutter verzehrenden Tieren beschäftigen jedes Jahr 20'000 Personen.

Mit Blick in die Spuren urgeschichtlicher bis spätmittelalterlicher Alpbewirtschaftung zeigt Erika Rhyner, wie weit zurück die Nutzung der Alpgebiete reicht. Heute ist die Alpwirtschaft stark geregelt durch Hygienevorschriften, insbesondere für die Käseproduktion, durch Anforderungen des Tier- und Gewässerschutzes und durch den Ausbau von Infrastruktur wie Strassen, Hütten und Ställen. Die Regelungen sollen die Qualität der Alpprodukte steigern, zugleich bedeuten sie aber höhere Investitionskosten für die Älpler.

Die Forschungsanstalten Agroscope und WSL führten von 2009 bis 2013 das Forschungsprogramm AlpFUTUR zur Zukunft der Schweizer Alpwirtschaft durch. Man fand heraus, dass beispielsweise das Alppersonal ein Schlüsselfaktor für die optimale Bewirtschaftung ist. Es mangelt an qualifiziertem Personal. Für die Biodiversität und die Nutztiere ist die Alpung sehr wichtig. Zugleich bedingen das andere Futterangebot und die raue Umgebung die Zucht robuster Tiere. Erika Rhyner sieht die künftigen Herausforderungen an vielen Fronten. Der Klimawandel wird auch die Alpen treffen. Die Alpvergabe nach Baurecht verpflichtet die Älpler zum selbständigen Unterhalt der Alp. Zugleich vermindern die hohen Pachtzinszuschläge im Glarnerland die schweizweite Konkurrenzfähigkeit. Schliesslich wird die Rationalisierung und Optimierung intensiviert, was sich beispielsweise in der zunehmenden Fokussierung auf Mutterkuhhaltung zeigt. Damit diese Herausforderungen bewältigt werden können, braucht es gemäss der Referentin nebst politischer Unterstützung auch die Wertschätzung der breiten Bevölkerung. Diesen wird der Alltag auf den Alpen durch Beiträge und Geschichten von Älplern auf der Website www.alpgeschichten.ch nähergebracht.

Sara Zimmermann, OGV Engi

Ort:
8765 Engi
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