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Linthwind weht rauer Wind entgegen: Profis sollens richten

Viel Lärm, tote Vögel und tagsüber «Disco»-Licht: Linthwind, der geplante Windpark in der Linthebene, stösst bei Anwohnern und Tierschützern teils auf Widerstand. Erste Einsprachen bezeugen die Skepsis. Die Investoren des Windparks suchen jetzt das Gespräch mit den Betroffenen.

Südostschweiz
13.03.17 - 18:00 Uhr
Linthwind: Hier in der Linthebene könnten bald fünf Windräder stehen. (Pressebild)
Linthwind: Hier in der Linthebene könnten bald fünf Windräder stehen. (Pressebild)

Die Realisierung der ersten grossen Windkraftanlage in der Linthebene rückt näher. Ab dem Sommer 2021 sollen in der Nähe von Bilten fünf 200 Meter hohe Windräder drehen – und Strom für 5000 bis 6000 Haushalte erzeugen. Soweit die Pläne der St. Gallisch-Appenzellischen Kraftewerke AG (SAK), die den Windpark namens Linthwind plant.

Ob die Turbinen zwischen Reichenburg und Niederurnen je gebaut werden, ist aber noch völlig offen. Das Projekt Linthwind muss in den kommenden Monaten mit Gegenwind rechnen – von Anwohnern wie Tierschützern.

Abklärungen zum Tierschutz  ...

Denn für die fliegenden Tiere können die rotierenden Turbinen zur tödlichen Gefahr werden. Gemäss der Vogelwarte Sempach kamen bei vielen Windkraftanlagen bereits mehrere Vögel und Fledermäuse ums Leben, weil sie mit den Rotorblättern kollidierten.

Die Initianten des Windparks sind sich dem bewusst: Ende März werden zwei Masten mit Messgeräten aufgestellt. So kann nachgewiesen werden, ob und welche Populationen im Gebiet vorkommen. Zudem verlaufen durch die Linthebene zwei Vogelzugrouten. Für den Uzner Wildtierbiologe Klaus ist klar: «Zeitliche Betriebseinschänkungen der Windturbinen wären zwingend.» Die SAK hat eine solche Lösung bereits ins Auge gefasst.

... Lärm und Schattenwurf

Der geplante Windpark liegt nahe an bewohntem Gebiet. In Schänis, Reichenburg, Niederurnen und Bilten stünden mehrere Häuser lediglich ein bis zwei Kilometer von den Windturbinen entfernt. Der mögliche Lärm durch die Rotoren bereitet den Anwohnern Sorgen – ebenso der Schattenwurf der Rotorblätter. «Wenn die Sonne vom Betrachter aus hinter den sich drehenden Rotorblättern steht, kann ein störender ‘Disco-Effekt’ entstehen», weiss auch Projektleiter Egeter.

Auch diesbezüglich ist die SAK gewappnet: Die Lärmemissionen dürften gesetzliche Grenzwerte nicht übersteigen. Neue Anlagen seien zudem deutlich leiser als ältere Modelle. Und der Abstand der Turbinen zu bewohnten Liegenschaften werde so bemessen, dass der Schattenwurf kein Problem darstelle.

Bereits mehrere Einsprachen

Bei der Bevölkerung braucht es aber noch viel Überzeugungsarbeit. Das zeigen mehrere Einsprachen aus Glarner Gemeinden.Wie die Gemeinde Schänis das Projekt Linthwind beurteilt und ob ihr ein politisches Mitspracherecht zusteht, ist unklar. Gemeindepräsident Herbert Küng war gestern nicht erreichbar. Ebenso bleibt offen, wie viele Schänner Liegenschaften betroffen wären und inwiefern sich die Bewohner überhaupt gegen das Projekt wehren könnten.

Um herauszufinden, was den Leuten unter den Nägeln brennt, hat die SAK die Stiftung Risiko-Dialog engagiert. Matthias Holenstein, Geschäftsführer der Stiftung, umschreibt seine Aufgabe im Projekt Linthwind so: «Wir sind die neutrale Plattform. Bei uns kann die Bevölkerung ihre Anliegen einbringen.» So will die Stiftung im April bei den unmittelbaren Anwohnern des Windparks vorbeigehen und ihnen vor allem zuhören.

Trotz der Bemühungen, sämtliche Anliegen aufzunehmen, dürfte dem Windpark ein rauer Wind entgegenwehen. Das Projekt wird vermutlich nicht nur mittels der Einsprachen, sondern auch per Anträge zum Nutzungsplan bekämpft werden. Sollte es dazu kommen, wird die Versammlung der Gemeinde Glarus Nord im September darüber mitreden und -entscheiden können, ob rund um Bilten in absehbarer Zeit der erste Windpark in der Linthebene realisiert wird. (df/rol)

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Ja, Herr Hafner, Sie haben im Prinzip recht. Aber "jedes Ding hat zwei Seiten" und man muss sich daher überlegen, "was ist das geringere Übel?". Ich geb Ihnen recht mit dem "Wildwuchs" mit Windkraft- und Photovoltaikanlagen in Deutschland. Das hat aber im erheblichen Masse mit der finanziellen Konstruktion dieser Anlagen zu tun. Allerdings hat hier aus energetischer Sicht trotzdem Deutschland gegenüber der Schweiz erheblich "die Nase vorne"; und so ist das eben "das geringere Übel". Aber was wollen wir, oder eigentlich, was müssen wir - in Anbetracht der Energiesituation in der Schweiz -, denn da wurde schon zuviel versäumt. Denn wenn wir so weitermachen, geht nächstens der Strom in der Schweiz aus. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die "Manager" der schweizerischen Energiekonzerne ihre Strategie anpassen, wenn es weiterhin so erhebliche Widerstände gegen alternative Energieformen gibt resp. jahrelange Genehmigungszeiten mit überrissenen Auflagen anfallen.

In Anbetracht des forcierten Absatzes von E-Autos und E-Bikes mögen Einsprachen gegen die erneuerbaren Energien unlogisch erscheinen: Elektromobilität ja, Öko-Energie nein - wie passt das zusammen? Tatsächlich erscheint die Schweiz zu klein und schon zu dicht besiedelt für Windräder. In Deutschland, in der reich bewaldeten Sauerlandregion, sieht man von der Höhenautobahn A45 aus zahlreiche Windräder, gebaut auf den zugigen Kuppen, relativ abseits von Siedlungen; aber auch in dieser weitläufigen Gegend ist es schon schwierig geworden, weitere Anlagen zu bauen. Wie soll das also erst bei uns möglich sein?
Bei Fahrten durch Süddeutschland, z.b. durch die württembergische Region zwischen Lindau und Ulm, schaut man als Schweizer irritiert auf die tausende von Solaranlagen auf Privathausdächern und Ställen und ist eigentlich froh, sieht es bei uns nicht so "technisch verbastelt" aus.
Dennoch, der Konflikt zwischen einer modernen technischen Lebenswelt und einer altmodischen Landschaftsästhetik erscheint mir auf absehbare Zeit unlösbar. Zumindest noch etwa eine Generation lang. Wenn die "Digital-Kids" erwachsen sind und die Energieproblematik sich weiter verschärft hat, wird sich vermutlich niemand mehr gross zu Einsprachen hinreissen lassen: Die digitale Revolution verändert das Umgebungsempfinden ihrer Vertreter radikal.

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