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Masern-Ausbruch in Davos hält Kantonsarzt auf Trab

Seit Anfang Jahr sind in der Schweiz 21 Personen an Masern erkrankt. Knapp ein Viertel davon war im Kanton Graubünden von der hochansteckenden Krankheit betroffen. Eingeschleppt wurde das Virus aus dem Tessin.

Südostschweiz
20.02.17 - 06:00 Uhr
Zu geringe Impfrate: Rund 90 Prozent der Bündner Bevölkerung sind gegen Masern geimpft – nötig wären  laut Kantonsarzt Martin Mani aber 95 Prozent. Bild Laurent Gillieron/Keyston
Zu geringe Impfrate: Rund 90 Prozent der Bündner Bevölkerung sind gegen Masern geimpft – nötig wären laut Kantonsarzt Martin Mani aber 95 Prozent. Bild Laurent Gillieron/Keyston

von Denise Erni

Er habe schon kurz die Luft angehalten, als Mitte Januar kurz nacheinander die Meldungen eingingen, dass bei fünf Personen die Masern ausgebrochen seien, sagt Kantonsarzt Martin Mani. «Zum Glück blieb es dann bei diesen fünf Personen.» Alle fünf Personen leben und arbeiten in Davos. Das war es dann aber schon mit den Gemeinsamkeiten. «Weitere Zusammenhänge konnten wir keine feststellen», sagt Mani weiter.

Die Personen – alles Erwachsene – hatten keine unmittelbaren Berührungspunkte. «Sie haben alle verschiedene Berufe, kennen einander wahrscheinlich nicht, sind unterschiedlich alt und haben verschiedene Nationalitäten», verrät Mani. Eine nicht ganz unwichtige Gemeinsamkeit kam noch hinzu: Sie waren alle nicht gegen Masern geimpft oder hatten die Krankheit als Kind noch nicht durchgemacht.

«Einer der Betroffenen aus dem Ausland behauptete, er sei als Kind gegen alles geimpft worden und liess sich seinen Impfausweis aus seinem Heimatland schicken. Doch die Masern waren nicht dabei», so Mani. Denn gegen die hochansteckende Krankheit, die sich über Husten oder Niesen überträgt, gibt es erst seit Anfang der Sechzigerjahre einen Impfstoff.

Virus aus dem Tessin, Virenstamm aus Fernost

Doch wie haben sich die fünf Personen angesteckt? «Wahrscheinlich standen sie hintereinander irgendwo in einer Warteschlange», vermutet Mani. Den Weg nach Davos fand das Masern-Virus wahrscheinlich durch zwei Jugendliche aus dem Tessin, die mit ihrem Skiklub zwischen Weihnachten und Neujahr in Davos im Lager waren. «Wir bekamen Ende Dezember die Meldung, dass zwei Teilnehmer an Masern erkrankt sind», sagt Mani. Er habe sich dann sofort mit seinem Kantonsarzt-Kollegen im Tessin in Verbindung gesetzt.

Es könne gut sein, dass einer der fünf Davoser Personen irgendwo und irgendwie mit einem der Tessiner Jugendlichen in Kontakt kam und sich so infizierte. «Vielleicht sassen sie auf dem gleichen Sessellift?», so Mani. Um welchen Virenstamm es sich bei den Davoser-Patienten handelte, weiss Mani nicht. Ganz im Gegensatz zu jenem Stamm, der Jugendliche und Erwachsene Ende Dezember in Bivio, Savognin, Maloja, Samedan, Lavin und Zernez an Masern erkranken liess (Ausgabe vom 23. Dezember). «Dabei handelte es sich um einen Virenstamm aus Fernost, genauer gesagt aus Korea», sagt Mani.

«Wir wissen bisher, dass eine Person aus Maloja die erste war, welche mit dem Virus infiziert gewesen war. Diese brachte das Virus in die Academia Engiadina in Samedan und steckte dort weitere vier an, die es dann in ihre Familien trugen», erklärt Mani. Auch wisse man, dass die Person nicht in Fernost unterwegs war. Höchstwahrscheinlich war es ein Tourist, der das Virus in sich trug. Insgesamt erkrankten Ende Dezember im Engadin und Surses rund 13 Personen an Masern. «Diese Fälle konnte man im Gegensatz zu jenen in Davos wie ein roter Faden verfolgen», sagt Mani.

Impfrate nicht hoch genug

Bis zum Ausbruch im Dezember gab es in Graubünden 2016 einen Fall. «Und auch jetzt, nach den fünf Fällen in Davos, ist es gut möglich, dass es ein halbes Jahr ruhig bleibt», sagt Mani. «Die Impfrate in Graubünden ist leider nicht hoch genug und liegt bei rund 90 Prozent.» 95 Prozent wären schweizweit notwendig, um Masern ganz auszurotten. «Ich wüsste nicht, was gegen eine Impfung spricht: sauberes Wasser, gesunde Ernährung und Impfen sind drei der wichtigsten Gründe, warum wir heute doppelt so alt werden als noch vor 50 Jahren», sagt Kantonsarzt Mani.

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