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Ich bin ein Nerd und stolz darauf!

«Südostschweiz»-Redaktor Daniel Graf schreibt in seiner «Schreibstube» über seine seltsamen Hobbys und die Vorteile des Winters.

Südostschweiz
11.02.17 - 08:00 Uhr
Nerdig: PC und einfaches Essen gehören zum Vorurteil eines Nerds. (Bild: Keystone)
Nerdig: PC und einfaches Essen gehören zum Vorurteil eines Nerds. (Bild: Keystone)

von Daniel Graf

Kürzlich sagte mir ein guter Freund, ich sei ein echter Nerd geworden. Das heisst so viel wie «Sonderling» – und ist nicht nett gemeint, ergibt die Google-Suche doch folgende Definition: «Der Nerd ist ein in sozialen Belangen unbeholfener Einzelgänger.» Ausschlaggebend für die Aussage meines Freundes waren zwei Dinge: erstens, dass ich unzählige Stunden allein vor dem Fernseher verbracht habe, um die Darts-WM zu schauen – und ja, ich habe dafür auch die eine oder andere Möglichkeit ausgelassen, «den sozialen Gepflogenheiten nachzukommen». Und zweitens eine neue Leidenschaft: Ich investiere seit Längerem viel Zeit und Geld in «Magic the gathering». Es handelt sich dabei, grob gesagt, um ein Kartenspiel, in dem es darum geht, den Gegner mit Drachen, Goblins, Menschenaffen und allerlei anderen Fantasiewesen niederzuringen. Man schmettert sich Zaubersprüche um die Ohren, legt den feindlichen Kreaturen magische Fesseln an oder zieht ihnen mit einer Lava-Axt eins über die Rübe. So spielt sich das zumindest in den Köpfen der Spieler ab. Eigentlich sitzt man sich einfach stundenlang gegenüber und spielt Karten. Ich gebe zu, das klingt ziemlich «nerdig» – doch es macht unglaublich viel Spass.

Anfangs war ich ein wenig brüskiert über die Aussage meines Freundes. Doch ich habe entschieden, ein stolzer Nerd zu sein. Denn ich habe auch eine positive Deutung des Begriffs gefunden: «Ein Nerd ist ein Individualist, der durch hinreichende Fachkenntnisse einen hohen Grad an gesellschaftlicher Anerkennung innerhalb der jeweiligen Szene geniesst.» Das klingt doch schon viel besser. Meine Fachkenntnisse habe ich an einem privaten Magic-Turnier gleich unter Beweis gestellt. Auch das ziemlich nerdig, aber hey, ich wurde als blutiger Anfänger Dritter. Die gesellschaftliche Anerkennung dafür hielt sich in Grenzen. Ich ging dennoch mit stolzgeschwellter Brust nach Hause.

Und was den Einzelgänger angeht: Der Winter eignet sich einfach besser, Nerd zu sein. Und der ist ja hoffentlich bald vorbei. Dann heisst es auch für mich wieder Beachvolleyballfeld statt Fernseh-Couch und Bratwürste auf dem Grill statt Magic-Karten in der Hand. Bis es so weit ist, freue ich mich aber noch auf viele epische Schlachten.

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