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Kraftwerk zerhackt Aale: Magazin deckt Skandal auf

Beim Fischen entdeckt Dominique Lambert im Wasser haufenweise zerstückelte Aale. Schnell ist klar: Die Fische starben durch eine Turbine für Ökostrom.

Südostschweiz
02.02.17 - 11:49 Uhr
Wenns um Fische geht, verstehen sie keinen Spass: Dominique Lambert (rechts) und seine Mitarbeiter in Rapperswil.
Wenns um Fische geht, verstehen sie keinen Spass: Dominique Lambert (rechts) und seine Mitarbeiter in Rapperswil.

Tote und zerstückelte Aale sind kein schöner Anblick – und für den «Kassensturz» Grund genug, der Sache auf den Zahn zu fühlen. Auslöser für die in dieser Woche vom Schweizer Fernsehen aufgegriffenen Geschichte war Dominique Lambert, Chefredaktor der Fischerei-Zeitschrift «Petri Heil» mit Sitz in Rapperswil-Jona. Er konnte nachweisen, dass jedes Jahr Tausende von Aalen durch die Turbinen eines Schweizer Wasserkraftwerks verenden.

Beim Fischen Kadaver entdeckt

Den Skandal entdeckt hatte Lambert vor einem Monat. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern war er zum Aeschenfischen an den Rhein gefahren. Unterhalb einer Brücke bei Neuhausen suchte Lambert einen guten Standort. «Wir schauten ins Wasser und bemerkten etliche schimmernde Flecken auf dem Flussgrund», erinnert sich Lambert. Ein genauer Blick irritierte die Fischer. Am Flussgrund lagen die zerhackten Überreste von mindestens acht Aalen.

Passanten bestätigten, dass hier jedes Jahr im November und Dezember Unmengen von toten Aalen im Wasser treiben würden. Grund dafür sei das Kraftwerk Schaffhausen, in dessen Turbinen die Tiere verenden würden, wenn sie flussabwärts ziehen. Anwesende Fischer erzählten ihm, dass der Rheingrund im Winter von toten Aalen manchmal geradezu übersät war. «Wenn so viele Aale als Kollateralschaden der Stromproduktion sterben müssen, ist das ein krasser Missstand», so Lambert.

Ein zweiter Besuch

Was Lambert besonders aufregte: Das Kraftwerk Schaffhausen verkauft den hier produzierten Strom als «Clean Solution Ökostrom» – mit einem Zuschlag von vier Rappen pro Kilowattstunde gegenüber «normal» produziertem Strom. Einer der vier «Öko-Rappen» wird laut Kraftwerkbetreiber für die Natur am Rhein verwendet.

Das Label sei ein Beschiss, findet Lambert. «Diese Bezeichnung suggeriert, dass naturfreundlicher, grüner Strom produziert wird.» Das könne man von diesem sicher nicht behaupten. In einer Replik des Kraftwerks Schaffhausen erklärte man Lambert, das Kraftwerk sei zwar grundsätzlich mit «fischfreundlichen» Turbinen ausgestattet, dass jedoch Aale aufgrund ihrer Körperlänge halt besonders gefährdet seien.

Bund sucht nach Lösungen

Lukas Bammatter vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) sagt, sein Amt kenne die Situation in Schaffhausen. Laut Bammatter stehen viele Flusskraftwerke vor demselben Problem. «Deshalb prüft das Bafu zusammen mit den Kantonen und den Kraftwerken mögliche Lösungen.» Eine davon sieht vor, die wandernden Aale mit einem Leitrechen an den Turbinen vorbeizuführen. «Eine andere Möglichkeit wäre es, dass die Kraftwerke zur Zeit der Aalwanderungen mehr Wasser über das Wehr fliessen lassen oder die Turbinen kurzfristig abschalten», so Bammatter. (js)

 

Der «Kassensturz»-Beitrag vom vergangenen Dienstag:

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