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St. Galler trinken lieber Mineral als Hahnenwasser

Das perfekte Getränk gibts jederzeit fast gratis: Hahnenwasser – kalorienfrei, sauber, gesund. Nur: Immer mehr Menschen im Kanton St. Gallen verzichten darauf. Sie trinken lieber Mineralwasser ohne Kohlensäure als Hahnenwasser.

Südostschweiz
23.12.16 - 10:17 Uhr

Eine Facebook-Umfrage der Nachrichtenagentur sda bei über 120 Personen bringt Erstaunliches zu Tage: Viele St. Galler misstrauen ihrem Hahnenwasser. Die Gründe sind vielfältig: «Hahnenwasser ist fürs WC, der Bleigehalt darin ist bedenklich», schreibt ein Gastronom. Gar Angst um seine Männlichkeit hat ein 30-jähriger Musiker: «Es hat zu viele weibliche Hormone im Wasser.» Aber auch Geschmack, Mikroplastik, Fluor und andere Rückstände werden als Grund genannt, warum immer mehr Menschen auf Hahnenwasser verzichten und lieber Wasser aus der Flasche trinken.

Stilles Mineral liegt im Trend

Die Statistik bestätigt den Trend zum Wasser aus der Flasche. 1998 wurden in der Schweiz 680 Millionen Liter Mineralwasser verbraucht. Im letzten Jahr waren es bereits 965 Millionen Liter ­– eine Zunahme um 42 Prozent. Die Migros-Sprecherin Christine Gaillet stellt ausserdem fest: «Vor allem Mineralwasser ohne Kohlensäure gewinnt in letzter Zeit immer mehr an Bedeutung.»

 

Bei so vielen Vorurteilen gegenüber dem «Hahnenburger» stellt sich die Frage, ob Flaschenwasser tatsächlich vorzuziehen ist. Der Fachmann winkt ab: «Unser Hahnenwasser ist qualitativ genau so gut wie das Wasser aus der Flasche», sagt der St. Galler Kantonschemiker Pius Kölbener. «Das Rohwasser kann leichte Verunreinigungen enthalten, die dann bei der Aufbereitung zum Trinkwasser jedoch entfernt werden.»

Auch Schwermetalle, wie etwa Blei, sind für den Chemiker kein Problem. Als gefährlich gilt auch Mikroplastik. Die mikroskopisch kleinen Teilchen kommen immer häufiger im Abwasser vor, da sie auch in Hygieneartikeln wie etwa Shampoos oder Hautcremen verwendet werden. Im Trinkwasser sind sie dann aber nicht mehr vorhanden, sagt der Kantonschemiker. Schweizer Hahnenwasser sei dem abgefüllten Pendant in der Flasche ebenbürtig, sagt Urs Kamm vom Schweizerischen Verein des Gas- und Wasserfaches in Zürich: «Das zeigen diverse Analysen – die meisten Markenwasser haben nicht mehr Mineralstoffe als unser Hahnenwasser.»

Der Einfluss der Werbung

Das schlechte Image verdankt das Hahnenwasser nicht zuletzt dem guten Image, das die Hersteller dem Mineralwasser in den letzten Jahren verpasst haben. «Unsere Getränkewahl wird auch durch die Werbung beeinflusst», sagt Pascale Hoch von der Werbeagentur Kraftkom in St. Gallen. «Valser Quellwasser» klingt einfach besser als «Seewasser aus dem Bodensee».

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