×

Gratis oder nicht – Was Hahnenwasser im Restaurant kostet

Was darf ein Wirt für Hahnenwasser verlangen? Nachdem ein Gast in einem Lokal in Ricken nach dem Kaffee zwei Gläser «Hahnenburger» separat zahlen musste, ist die Diskussion neu entbrannt. Restaurants im Linthgebiet handhaben das Thema unterschiedlich.

Südostschweiz
17.10.16 - 10:08 Uhr

So etwas habe er noch nie erlebt, erzählt ein Gast des Restaurants «Bildhus» in Ricken der Gratiszeitung «20 Minuten». Nach einem Kaffee bestellte er zwei Gläser Hahnenwasser – und wurde dafür zur Kasse gebeten. «Ich konnte es kaum fassen», so der Gast.

Die Wirtin des Restaurants, Bea Artho, verteidigt sich gegenüber «20 Minuten»: «Ein Glas Wasser zu servieren, ist nicht gratis. Dahinter steht eine Serviceleistung, und die soll auch bezahlt werden.»

«Fiese, hinterlistige Abzocke»

Auf dem Online-Portal der Gratiszeitung wird das Thema kontrovers diskutiert: Wenn man etwas konsumiere, dürfe man ein Glas Wasser kostenlos erwarten, sonst sei es eine «fiese, hinterlistige Abzocke», schreibt ein Nutzer.

Ein anderer findet, es sollte zumindest darauf hingewiesen werden, dass etwas verrechnet werde. Dem halten andere Kommentatoren entgegen: «Wenn der Gast fürs Wasser nicht bezahlen will, soll er nicht ins Restaurant» oder «Wasser, Personal und Abwaschen kosten Geld – warum sollte es also etwas gratis geben? Der Besitzer hat auch Rechnungen zu zahlen», sind weitere Meinungen.

So sieht es auch Anni Kessler, Geschäftsführerin des Restaurants «Frohe Aussicht» in Uznach. «Was bestellt wird, soll bezahlt werden – für Gratiswasser kann man auf die Toilette gehen.» Oft werde die Schweizer Gastrobranche mit dem Ausland verglichen, wo es gratis Hahnenwasser gebe. «Dort bieten sie aber auch nicht den Standard und den Lohn wie hier», kontert Kessler. Sie findet es traurig, wie schlecht Wirte bei diesem Thema dargestellt würden – für andere Dienstleistungen würde man deutlich mehr zahlen und das nicht hinterfragen.

In der «Frohen Aussicht» gibt es zum Kaffee ein Glas Wasser gratis. Wenn sonst nichts konsumiert wird, kosten drei Deziliter «Hahnenburger» zwei Franken. Reklamationen deshalb gibt es laut Kessler fast keine – der Preis wird auf der Getränkeliste deklariert. Das Uzner Lokal ist nicht das einzige in der Region, das für ein Glas Wasser Geld verlangt. Die Angestellte eines Uzner Restaurants, das nicht mit Namen genannt werden soll, kassiert 2.80 Franken, wenn sonst nichts konsumiert wird. Auch in der «Krone» in Benken wird so vorgegangen: Wenn Gäste nur ein Glas Leitungswasser bestellen, werden zwei Franken Servicegebühr verrechnet. Der Preis wird laut Geschäftsführer Hanspeter Ritz kommuniziert.

Ähnlich, aber nicht ganz so streng handhabt es Andreas Lehmann, Chef de Service im Parkhotel Weesen. «Wir haben keine Lust, wegen zwei Franken zu diskutieren. Dieser Ärger lohnt sich nicht.»

Recht auf ein Glas Hahnenwasser

Auch Raffaele Fumagalli, Geschäftsführer im Restaurant «Falkenburg» in Rapperswil, möchte sich nicht mit Diskussionen herumschlagen. Bei ihm gibt es das Hahnenwasser gratis. «Wir sind ein gepflegtes Lokal, da ist es selbstverständlich, dass der Kunde dazu etwas konsumiert», so Fumagalli.

Im Restaurant «Chrüz» in Eschenbach bekommt jeder gratis «Hahnenburger» – auch wenn er nichts konsumiert. Geschäftsführer Mirsad Mustafic begründet dies damit, dass der Gast dann vielleicht auch einmal für ein Essen vorbeikommt. «Und wenn man ohne Geld unterwegs ist, sollte man ein Recht auf Hahnenwasser haben», findet er.

Der Verband Gastro St. Gallen gibt zum Umgang mit dem Hahnenwasser keine Empfehlungen ab. Das sei eine freie Entscheidung des Wirts, sagt Bruno Schneider, Vizepräsident des Verbandes. «Grundsätzlich ist der Wirt berechtigt, etwas zu verlangen, weil es eben eine Dienstleistung ist.» Das Wasser sei auch für ihn nicht gratis, hinzu kämen die Serviceleistung und ein sauberes Glas. Es sei aber keine Pflicht, auf den Preis hinzuweisen, wenn jemand nur ein Glas Hahnenwasser bestelle.

Regelung nicht vorgesehen

Das Problem kennt der Verband schon seit Jahrzehnten. «Es ist verrückt, dass man aus einem Glas Hahnenwasser ein solches Drama macht», so Schneider. Und schade sei es, wenn ein Gast deswegen ein Lokal meide. Eine einheitliche Regelung gesetzlich vorzuschreiben, ist aber nicht angedacht: «So verschieden wie die Gastronomie und die Gastronomen sind, ist es schwierig, einen gemeinsamen Nenner zu finden.»

Kommentieren
Wir bitten um euer Verständnis, dass der Zugang zu den Kommentaren unseren Abonnenten vorbehalten ist. Registriere dich und erhalte Zugriff auf mehr Artikel oder erhalte unlimitierter Zugang zu allen Inhalten, indem du dich für eines unserer digitalen Abos entscheidest.
Mehr zu MEHR