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Viel Lärm ums Open Air Amden: Vor der Premiere droht Blockade

Der Verein «Amden tönt» will im Sommer 2017 im Arvenbüel ein dreitägiges Open Air veranstalten. Doch laute Töne sind vorerst fernab der Bühne angesagt: Für Anwohner Hansjürg Fitzi wäre ein solcher Anlass eine Katastrophe – ausser Lärm und Abfall bringe das Open Air dem Dorf nichts. Fitzi wehrt sich gegen die Austragung – und laut einem Rechtsexperten hat er gute Chancen, den Event zu verhindern.

Südostschweiz
14.10.16 - 10:44 Uhr

Noch steht der Anlass erst in groben Zügen: Während dreier Tage soll im Juli 2017 im Ammler Arvenbüel ein Musikfestival stattfinden (siehe Kasten). Doch bevor der Verein die Detailplanung angehen und eine Bewilligung einholen kann, regt sich bereits Widerstand: Hansjürg Fitzi wohnt selber im Arvenbüel. Für ihn ist das Open Air eine unzumutbare Lärmbelästigung: «Ein dreitägiger Anlass mit wummernden Bässen bis in die frühen Morgenstunden ist nicht einfach ein bisschen Musik.»

Auch die fehlende Kommunikation vonseiten der Veranstalter ist ihm ein Dorn im Auge: «Der Verein ‘Amden tönt’ treibt die Vorbereitungen für die Durchführung voran, ohne je mit den direkt betroffenen Anwohnern Kontakt aufgenommen zu haben», beklagt er. Das Problem sei, so Fitzi, dass der Anlass der Gemeinde längerfristig überhaupt nichts bringe: «Amden will Leute anlocken, die ihren ständigen Wohnsitz hierher verlegen und Steuern zahlen. Doch ein Open Air besuchen Leute drei Tage lang, machen Lärm, der die Anwohner stört, bringen Abfall und den Organisatoren nur einen kurzfristigen Profit. Danach gehen sie wieder – und Amden hat nichts davon.»

«Nicht nur auf Ruhe setzen»

Anders sieht das Thomas Exposito, der Geschäftsführer von Amden und Weesen Tourismus. Das Tourismusbüro stehe dem Anlass sehr positiv gegenüber: «Wir sind immer froh, wenn jemand Initiative zeigt und etwas auf die Beine stellen möchte.» Dass ein Open Air Amden nur Lärm und Abfall bringe, glaubt er nicht: «Dadurch werden Leute in unsere Gemeinde gelockt, die noch nie hier waren. Wenn sie hier eine gute Zeit haben, kommen sie vielleicht wieder und bleiben dann auch etwas länger.» Auch zusätzliche Übernachtungen könnten mit dem Open Air generiert werden – schliesslich sei es durchaus denkbar, dass Leute von ausserhalb nach einer Open-Air-Nacht nicht gleich nach Hause fahren wollen.

Dass Amden ausschliesslich ein Ort der Ruhe und Erholung sein soll, widerstrebt Exposito: «Als einzigen Vorteil auf die Ruhe zu setzen, ist für eine Gemeinde wie Amden überhaupt nicht möglich. Erstens, weil das kaum reichen wird, um Leute hierher zu locken. Zweitens, weil durch verschiedene Lärmquellen die absolute Ruhe in besiedelten Gebieten heute gar nicht mehr möglich ist – auch in Amden nicht.»

Exposito ist überzeugt, dass der Anlass ausser Fitzi kaum jemanden stört. «Drei Tage im Jahr ein wenig Musik – das muss drinliegen», findet er. Und: «Wem das auch nicht passt, der hat immer noch die Möglichkeit, die drei Tage woanders hinzugehen.»

Dem wiederum widerspricht Fitzi: «Viele der Anwohner hier im Arvenbüel sind ältere Leute, die nicht mehr die Möglichkeit haben, einfach so drei Tage woanders zu leben.» Und auch innerhalb der Gemeinde, so ist sich Fitzi sicher, werde es kaum Ausweichmöglichkeiten geben: «Wer einmal einen solchen Anlass erlebt hat, der weiss: Die wummernden Bässe aus überdimensionierten Lautsprechern durchdringen alles. Ausweichen ist da sehr schwierig.»

«Der ruft doch gegen alles aus»

Eine klare Meinung zu Fitzis Einsprüchen hat George Hug. Der Open-Air-Mitorganisator und im Dorf wohnhafte Country-Musiker sagt: «Der ruft doch einfach gegen alles aus, was ihm nicht in den Kram passt.» Er hoffe schwer, dass die Gemeinde bei der Bewilligung des Open Airs auf die Bedürfnisse aller eingehe – und nicht nur auf die eines Einzelnen, der sich querstellt. Auch den Vorwurf Fitzis, die Organisatoren würden Profit aus dem Event ziehen wollen, weist er von sich: «Allfällige Gewinne würden wir vollumfänglich einer gemeinnützigen Organisation zukommen lassen.»

Wie es weitergeht, wird sich zeigen. Sobald das OK mit den Vorbereitungen so weit ist, wird es beim Gemeinderat vorstellig werden, um eine Bewilligung einzuholen. Entscheiden wird der Rat voraussichtlich in neuer Besetzung – sowie unter einem neuen Präsidenten. Auch von der Kantonspolizei braucht es eine Bewilligung für den Anlass, wobei die Gemeinde die Bewilligungsverfahren koordiniert, wie Rechtsanwalt Severin Gabathuler von Glaus & Partner Rechtsanwälte in Uznach erklärt.

Fitzi sieht sich im Recht – und zitiert dazu den Artikel 21 aus dem Gastwirtschaftsgesetz, der besagt, dass «die Veranstalter eines Anlasses dafür zu sorgen haben, dass die Nachbarschaft nicht durch übermässige Einwirkung belästigt wird». Was Fitzis Ansicht nach bei einem Open Air definitiv der Fall wäre.

Jahrelange Blockade droht

Die Chancen, dass Fitzi das Open Air im Alleingang verhindern könnte, sind laut Gabathuler durchaus intakt: «Die benötigte Bewilligung zum gesteigerten Gemeingebrauch des öffentlichen Raumes wird nur unter der Voraussetzung erteilt, dass keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen.» Ob Fitzis Anliegen von «überwiegendem privaten Interesse» sei, müsse die Kantonspolizei bei einer Interessensabwägung entscheiden.

Doch auch mit einer Bewilligung durch diese wäre das letzte Wort noch nicht gesprochen: Eine solche könnte angefochten und via Verwaltungsgericht bis ans Bundesgericht weitergezogen werden. «Wenn der Rekurrent alle ihm zu Verfügung stehenden Rechtsmittel ausschöpft, kann es Monate bis Jahre dauern, bis zu einem vollstreckbaren Entscheid», sagt der Rechtsexperte. Darauf habe auch die Tatsache, dass sich offenbar nur eine einzige Person gegen die Bewilligungserteilung wehren würde, keinen Einfluss.

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