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Bei der Jagd auf Wildschweine sind Geduld und Wissen gefragt

Waidmannsheil: Momentan sind die Jäger in der Region auf der Pirsch. Romano Pool aus Uznach kennt sich bei der Wildschweinjagd aus. Dabei brauchts viel Sitzleder – ebenso entscheidend ist, auf das richtige Tier zu zielen.

Südostschweiz
10.10.16 - 10:52 Uhr

Schon das tapfere Schneiderlein der Gebrüder Grimm machte sich auf zur Wildschweinjagd, da ein Wildschwein die Wiesen und Felder der damaligen Bevölkerung schändete und somit als Landplage galt. Auch die Jäger im Linthgebiet kennen die Schäden der wilden Verwandten des Hausschweines nur zu gut. Wenn diese auf Nahrungssuche mit ihren kräftigen Rüsseln den Boden umpflügen, wird bei den meisten Landwirten der Ruf nach dem Waidmann laut.

Das war nicht immer so. Jahrzehnte gab es in dieser Region keine Wildschweinbeobachtungen mehr, bis im Jahr 1998 im Brandwald ob Rufi ein Keiler geschossen wurde. Seither ist die Population stets gewachsen. Aktuell leben rund 60 Wildschweine in der Region Federi-Speer. «Es ist aber eine reine Schätzung», relativiert Jäger Romano Pool (Obmann vom Revier Schänis 2, Rüttiberg-Speer).

Um eine explosionsartige Ausbreitung zu verhindern, werden Wildschweine bejagt. Doch das ist gar nicht so einfach. Rund 40 Stunden lauert ein Jäger durchschnittlich im Versteck, bis ihm ein solches vor die Flinte läuft. Nebst viel Sitzleder seien auch gute Witterungsverhältnisse und damit verbunden ein optimaler Lichteinfluss zwingend, um die nachtaktiven Tiere zu erlegen. Zwar hätten die Pächter eine Bewilligung, um mit Licht am Gewehr zu jagen, Romano Pool zieht aber die natürliche Belichtung der Technik vor. Schnee kombiniert mit Mondlicht, das seien optimale Bedingungen.

Wissen, wie sich Tiere verhalten

Mit einigen Tricks locken die Jäger die Tiere an Plätze, welche sich für den Abschuss eignen. Wildschweine lieben seichte Stellen, die sie zu «Wellnesszwecken» als Schlammbad nutzen. In den sogenannten Suulen wälzen sie sich wohlig. Anschliessend bevorzugen sie einen kräftigen Baum um sich ausgiebig zu kratzen. Solche Bäume bestreichen die Jäger mit Buchenholzteer, da dieser Geruch eine Wohltat für Schweinenasen ist.

Eine andere Jagdhilfe sind sogenannte Maisrollen – sie laden die Tiere zum Spielen ein: Die Wildschweine stossen mit ihren Rüsseln die Rollen an, dann kullern einzelne Maiskörner auf den Waldboden. So verweilen die Tiere für einige Zeit am gleichen Ort.  Nicht selten erwache ein Jäger, der seit einigen Stunden im Ansitz vor sich hindöste, ob diesem Geräusch, sagt Pool. Dann gelte es, auf das richtige Tier zu zielen. Denn Wildschweine leben in Familien. Das Leittier zu eliminieren, wäre kontraproduktiv. Die Rotte wäre dann orientierungslos und würde so viel mehr Schaden anrichten als unter der erfahrenen Führung der Leitbache, erklärt Pool.

Bei der Wildschweinjagd werden vorwiegend Jungtiere, Frischlinge oder sogenannte Überläufer geschossen. Dabei sei zu beachten, dass der Schuss sitze. Pools Credo, grundsätzlich immer ein Tier mit dem ersten Schuss tödlich zu treffen, sei ein Muss bei der Wildschweinjagd. Angeschossene Wildsauen würden eine unglaubliche Kraft entwickeln. Hinzu komme, dass sie blitzschnell seien. In einem solchen Fall gelte es, sich schnellstmöglich in Sicherheit zu bringen.

Hege und Pflege im Vordergrund

Seit er 20 Jahre alt ist, geht der gebürtige Bündner auf die Jagd. Die Freude an den Tieren, die Natur und die Ruhe, aber auch die gute Kollegialität unter Gleichgesinnten sind seine Beweggründe, um immer wieder den Spuren des Wildes zu folgen. Das Schiessen gehöre zwar dazu, sei aber nicht massgebend, betont Pool.

Ein Jäger könne bei 50 Waldbesuchen rund zweimal abdrücken. Hegen und pflegen, das sei vielmehr seine Motivation. «Ich erfreue mich generell an Wildtieren, auch wenn sie nicht bejagt werden können», erklärt der praktizierende Tierarzt, und just in diesem Moment fliegt ein Mäusebussard an ihm vorbei. Blitzschnell greift er zum Feldstecher und sieht dem gegen den Himmel steigenden Vogel zu.

Die Frage, ob seine Familie seine Leidenschaft für die Jagd teile, beantwortet Pool lachend. Hin und wieder komme sein Sohn mit. «Bei Tochter und Frau trumpfe ich aber hauptsächlich mit einem feinen Braten im Kochtopf.» Einheimisches Wildschwein, selber geschossen – ein Genuss! Aber auch eine Spezialität, die viel Geduld und einen beachtlichen Zeitaufwand bedeutet. 

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