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Küchenfreund

Pesche Lebrument hat beschlossen, dass er jetzt eine Lebenskrise hat! Jeden Sonntag berichtet er nun für die Zeitung «Südostschweiz» und «Südostschweiz Online» aus seinem Alltag! Heute: Küchenfreund.

Südostschweiz
19.06.16 - 09:00 Uhr

Von Pesche Lebrument          

Ein kleines Feuerwerk in der Küche. Auf den Blitz folgt weisser Rauch. Nach der Schreckenssekunde ist klar: Aus diesen eingekochten Pilzen wird keine Suppe mehr. Der Stabmixer hat sich soeben mit einem lauten Knall verabschiedet. Etwas Wehmut macht sich breit. Jahrelang hatte er zur Küchengerätefamilie gehört. Er stand immer links oben neben der Zwiebelschneidemaschine.

Die Trauerphase ist kurz. Meine Freundin meint, ich hätte einen neuen Stabmixer zu besorgen. Mein unbestrittenes Fachgebiet, nebst dem  Anschaffen von Dingen wie Fernseher und Rasenmäher. Nur ihr Haarglätteisen darf ich noch nicht selber kaufen. Ihr Vertrauen in meine elektrotechnischen Expertenkenntnisse muss hier wohl erst noch wachsen.

Ich betrete selbstbewusst das grosse Elektrofachgeschäft am Rande der Stadt. Ich erblicke das Schild 'Haushaltsgeräte' und laufe zielgerichtet zum Gestell mit den Stabmixern. Wie eine Armee stehen sie aneinandergereiht, zwanzig Geräte, einige aus Edelstahl andere aus Plastik.  Ganz so viele hatte ich nicht erwartet. Ich beginne meine Expertise zunächst mit einem Preisevergleich. 14.95 der günstigste, 179.95 der Teuerste. Ich kann mir die Preisspanne nicht recht erklären. Ich befühle das teuerste Model. Zahle ich bei dem mehr wegen dem Design, liegt’s am Markennamen?

 Ich beschliesse den günstigsten zu kaufen, selbst wenn er nicht lange hält. Zehn von diesen sind immer noch günstiger als das teuerste Modell, schnellkopfrechne ich. Obwohl, soll ich nicht einfach einen Philips nehmen? Deutsche Präzisionsarbeit, da kann ich nichts falsch machen.

Ich bin etwas ratlos. Da, ein Geistesblitz. Ich knipse mit meinem Handy Fotos der einzelnen Stabmixer und fahre nach Hause. Am Computer google ich Testberichte, Preisleistung, Pro, Contra, bla, bla, bla. Mir fehlt bereits nach kurzer Zeit die Geduld. Ich fahre wieder zurück ins grosse Elektrofachgeschäft am Rande der Stadt.

Sie nähert sich, als ich erneut etwas ratlos vor den Gestellen stehe. Ich bin fasziniert von dieser Verkäuferin. Jung, hübsch, wohlgeformt, ellenlange schwarze Haare. Sie fragt, ob sie helfen könne. Ich setzte mein sympathischstes Lächeln auf und konfrontiere sie mit meinem Problem. Sie erläutert mir, dass bei den teuren Modellen mehr Zubehör dabei sei. Man könne nicht nur mixen, sondern auch zerkleinern, pürieren und emulgieren. „Aa-ha“ kontere ich wortgewandt. Sie erklärt mir zudem, dass Philips kein deutscher Hersteller sei.

Ich fragte sie, ob sie viel koche, da sie so viel wisse. Sie sagt, sie wisse so viel, weil sie in zwei Wochen die Lehrabschlussprüfung mache. Ich schraube etwas weniger Lächeln in mein Gesicht und zeige auf den Mixer, den sie mir soeben präsentierte. Sie packt ihn ein. Dachte mir, dass die Verkäuferin jung ist, aber nicht so jung. Ich kaufe den für 179.95, den teuersten. Ein 12-teiliges Set mit eigenem Koffer.

Beim nach Hause kommen erleidet meine Freundin beim Anblick des Koffer-Sets einen Schock. Nachdem sie sich erholt hat kochen wir Pilzsuppe. Mithilfe der Gebrauchsanweisung gelingt es mir schliesslich den richtigen Mix-Aufsatz zu finden. Der starke Motor macht einen Höllenlärm. Mehrere Spritzer zieren wenig später die Wand. Endlich vollbracht. Ich koste. Mir fehlend die Worte. Was für eine Pilzsuppe! Ich bin überzeugt: Ein Billigmixer hätte das nie hinbekommen.

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