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Viva l’Italia – beim Essen ist das Chaos perfekt

In ihrem dritten Bericht erzählt die Pilgergruppe, die nach Rom unterwegs ist, wie es gehen kann, wenn sie sich abends – nach getaner Pilgerarbeit, Fusspflege und Handwäsche – zum Essen trifft. Zum Beispiel im Hotel «Romani» in Calusco d’Adda.

Südostschweiz
19.05.16 - 21:00 Uhr

Von Hildegard Aepli

Zuerst versammeln sich die Pilgerinnen und Pilger in Calusco d’Adda auf der Terrasse des Hotels «Romani» zu einem Aperitif. Es gibt weissen Schaumwein, der einigen zu sehr nach Champagner schmeckt. Die Chips sind im Nu verspiesen. Der Hunger meldet sich wie nach einer Bergtour. Da weiss Franz, dass es zwei Möglichkeiten gibt. Entweder das Tagesmenü mit Antipasto, primo und secondo Piatto inklusive Wasser, Wein und Kaffee oder Pizza mit allem Drum und Dran. Beides für 10 Euro pro Person.

Bestellung selbst aufgenommen

Wir nehmen die Plätze im inneren Saal ein, wo die Übertragung eines Fussballspiels von der Familie des Restaurants laut geschaut, kommentiert und beklatscht wird. Kurz nach uns tauchen weitere Gäste auf. Sie werden sofort bedient. 

Wir warten. Sie erhalten bereits Pizza. Wir warten und studieren die Menükarte. Da ergreift Esther die Initiative und beginnt die Bestellung an unserem langen Tisch aufzunehmen. Auf einem Blatt Papier notiert sie all die Kombinationen mit Pizza und Salaten oder den verschiedenen Varianten der Tagesmenüs. Als Eros, der Capo des Lokals, endlich Zeit für uns hat – wir sind an diesem Abend 20 Personen – kann ihm Esther die für sie logisch aufgebaute Bestellung überreichen. 

Er ist ganz begeistert und eilt sofort in die Küche. Es dauert nicht lange, da werden die Pizze vom Holzofen serviert. Sie schmecken herrlich. Macht nichts, dass Esther gewollt hätte, die Salate würden zuerst aufgetischt.

Es mundet: Die Pilgerinnen bekommen nicht das, was sie bestellt haben – fein ist es trotzdem. Bild Hildegard Aepli.
Es mundet: Die Pilgerinnen bekommen nicht das, was sie bestellt haben – fein ist es trotzdem. Bild Hildegard Aepli

 

Dann kommen nach und nach die Pastagerichte, während bereits Pizzateller mit übrig gebliebenen Stücken herumgereicht werden. Dann bringt Eros plötzlich Teller mit den Beilagen: Wer hat Piselli? Wer Fagioli? 

Niemand erinnert sich ans Poulet

«Nein, die Bohnen gehören nicht hierher.» - «Doch, ich habe auch Bohnen bestellt, aber noch Tomaten dazu?» Jetzt bringt Eros ein paar Salate und verteilt sie den Leuten, die gerade noch mit der Pasta beschäftigt sind. Er ruft über den Tisch, dass leider die Fleischvariante mit Poulet ausgegangen sei. 

Wer hatte Poulet bestellt? Wir wissen es nicht mehr genau. Die Diskussion ist in vollem Gang, da bringt die Küchenhilfe Teller mit gegrilltem Rindfleisch. «Wer hat Bistecca?» - «Ich.» - «Ich.»-  «Ich auch.»

Aber wer hatte Poulet? Was wollen diese Leute stattdessen? Da taucht auch noch die Frage auf, warum diejenigen mit Pizza keinen Salat bekamen. 

Esther verwirft die Hände! Eros springt zwischen Küche und Speisesaal hin und her. Wir finden, dass das Essen ausgezeichnet schmeckt. Das Durcheinander nimmt seinen Lauf, wir essen irgendetwas und haben uns dem Chaos ergeben. Eines ist klar: Viva l’Italia und ein frischgekochtes Essen mit vier Gängen für 10 Euro.

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Satt und zufrieden: Das Durcheinander bei der Essensbestellung hat der guten Laune nicht geschadet. Bild Hildegard Aepli.
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