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Teil der Gurlitt-Sammlung geschätzt

Nach der Annahme des Nachlasses von Cornelius Gurlitt hat das Kunstmuseum Bern die Werkliste der Gurlitt-Sammlung veröffentlicht. Ein österreichischer Kunstexperte bezeichnet das Salzburger Konvolut als «zufälliges Durcheinander».

Südostschweiz
28.11.14 - 15:54 Uhr

Bern. – Das vom Museum veröffentlichte Dokument des Salzburger Teils führt insgesamt 255 Stücke an - darunter laut Ansicht eines Experten viel Durchschnitt und ein paar Skurrilitäten, aber auch einige herausragende Werke.

«Die Sammlung ist ein völlig zufälliges Durcheinander. Es findet sich Drittklassiges und Zweitklassiges neben Erstklassigem», sagte Anton Gugg, Experte für Bildende Kunst der Stadt Salzburg, nach einer ersten Durchsicht der Liste zur österreichischen Nachrichtenagentur APA. «Einige Werkgruppen sind erstaunlich, vorausgesetzt alles ist echt. Andere sind durchschnittlich bis marginal.»

Am wichtigsten seien die Werke französischer Expressionisten, Ölmalerei von Paul Cézanne, Paul Signac und Claude Monet. Letzterer dürfte mit seinem Ölbild «Waterloobridge» aus dem Jahr 1903 das wohl wertvollste Stück der Sammlung stellen. Gugg schätzt alleine den Wert dieses Bildes auf 30 Millionen Euro. «Ein Spitzenwerk.»

Gutes von deutschen Expressionisten

Als «Zuckerl» bezeichnete Gugg überdies Werke von Erich Heckel, Wassily Kandinsky und Ernst Ludwig Kirchner. «Die deutschen Expressionisten sind mit guten Blättern vertreten.» Ein grosses Konvolut an Zeichnungen und Malereien von Max Liebermann geniesse gleichfalls hohen Stellenwert.

Ansonsten überwiege die Durchschnittlichkeit: «Die Altmeister sind durchwegs zweitklassig oder stechen nicht besonders hervor.» Ein grosser Block mit Druckgrafiken sei «sogar eher enttäuschend und wenig aufsehenerregend. Das sind Sachen, die jeder Kunstsammler hat.» Auch die in der Liste vertretenen Stücke des Malers und Grafikers Henri de Toulouse-Lautrec seien schwach.

Die grösste geschlossene Werkgruppe in der Salzburger Sammlung Gurlitts umfasst rund 30 Zeichnungen und Skizzen des Bildhauers Auguste Rodin. Wichtiger sei hier eine Plastik des Franzosen - ein Bronzeguss einer liegenden Frau auf einem Felsen.

Wenig Bedeutung misst Gugg hingegen einer Reihe kleiner ägyptischer Grabbeigaben, Tonfiguren oder japanischer Raku-Keramik bei. Eine Tischglocke aus Messing oder eine Glasdose mit Halbedelsteinen hält er für Skurrilitäten. «Aber in jeder Sammlung gibt es vernachlässigbare Sachen.»

Auch Raubkunst

Mehr Linie bekämen die Werke aus dem Salzburg-Haus von Gurlitt nach Ansicht von Gugg auch nicht, wenn man sie mit der Münchner Werkliste gemeinsam betrachte: «Es heisst allgemein, dass die Salzburger Sammlung wertvoller ist.»

In der Salzburger Kunstsammlung befindet sich nach Einschätzung des deutschen Provenienzforschers Willi Korte zudem auch Nazi-Raubkunst: Bei dem Gemälde «Paris Kathedrale» von Camille Pissarro aus dem Jahr 1902 soll es sich um ein Werk handeln, das der jüdischen Familie Heilbronn in Frankreich geraubt wurde. (sda)

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