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Sony sagt nach Drohungen Start von «The Interview» ab

Die beispiellose Hackerattacke auf das Filmstudio Sony Pictures hat gravierende Folgen. Der Film «The Interview», in dem ein nordkoreanischer Diktator getötet werden soll, kommt nicht in die US-Kinos. Schauspieler sprechen von Zensur.

Südostschweiz
18.12.14 - 11:41 Uhr

Los Angeles. – Am 25. Dezember sollte «The Interview» in den Kinos der USA starten. Da die Mehrheit der Kinobetreiber den Film nicht ins Programm nehmen wolle, «haben wir beschlossen, den für den 25. Dezember geplanten Kinostart abzusagen», zitierten US-Medien am Mittwochabend aus einer Mitteilung des Studios. In dem Film bekommen zwei US-Journalisten (Seth Rogen und James Franco) den Auftrag, Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un bei einem Interview zu töten.

US-Behörden vermuten hinter der beispiellosen Cyberattacke Nordkorea. Dabei waren im November flächendeckend die Computersysteme von Sony Pictures angegriffen und etliche Daten gestohlen worden. Nordkorea bestreitet die Vorwürfe.

In der Deutschschweiz war der Start des Films mit Produktionskosten von rund 44 Millionen Dollar für den 5. Februar vorgesehen, in der Romandie für den 11. Februar und im Tessin für den 12. Februar. In der Schweiz sollte der Film vom Verleiher Disney Schweiz in die Kinos gebracht werden. Auf Anfrage sagte Mediensprecher Marco Schaerer, noch werde «verhandelt», ob der Film in den Schweizer Kinos starte oder nicht.

Sicherheit geht vor

Bei mehreren US-Medien gingen Terrordrohungen gegen US-Kinos ein, falls diese die Komödie zeigen. «Erinnert euch an den 11. September 2001», hiess es mit Verweis auf die Terroranschläge in New York, wie «The Hollywood Reporter» aus den Schreiben zitierte.

Zahlreiche Kino-Ketten teilten daraufhin mit, den Film nicht zu zeigen. Auch die für Donnerstag geplante New Yorker Premiere wurde abgesagt. Sony Pictures habe den Kinos selbst überlassen, ob sie den Film bringen - ein beispielloses Vorgehen für Hollywood, wie das «Wall Street Journal» berichtete.

«Wir respektieren und verstehen die Entscheidung unserer Partner und teilen natürlich auch ihr vorrangiges Interesse an der Sicherheit ihrer Angestellten und Kinobesucher», begründete Sony die historische Entscheidung zum Rückzug des Films aus den Kinos.

Zudem habe sich Sony gegen jede andere Form der Veröffentlichung des Films entschieden, sei es als Video auf privaten Kabelkanälen oder auf DVD, zitierte das Magazin «Variety» eine Sony-Sprecherin.

Schauspieler zeigten sich enttäuscht von der Absage. «Ein trauriger Tag für die Kreativität», schrieb Steve Carell bei Twitter. Sein Kollege Ben Stiller betonte: «Es ist wirklich schwer zu glauben, dass das die Antwort auf eine Bedrohung der freien Meinungsäusserung hier in Amerika ist.»

Talkmaster Jimmy Kimmel sprach von einem «unamerikanischen Akt der Feigheit, der terroristische Handlungen bestätigt und einen ungeheuerlichen Präzedenzfall schafft».

Obama rät zu Kinobesuch

Washington werfe Nordkorea «eine zentrale Rolle» bei dem Angriff auf die Daten von Sony vor, berichtete die «New York Times» unter Berufung auf namentlich nicht genannte Regierungsvertreter. Die US-Regierung wäge eine Reihe von Optionen ab, sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, Bernadette Meehan, der Zeitung.

Ermittler seien sich «zu 99 Prozent sicher», dass die Hacker im Auftrag der nordkoreanischen Regierung gearbeitet hätten, berichtete auch die «Washington Post». Eine offizielle Erklärung der Behörden wurde für Donnerstag erwartet.

US-Präsident Barack Obama empfahl den Amerikanern, «ohne Angst ins Kino» zu gehen. Vorerst seien die Drohungen nicht glaubwürdig, deutete er in einem Interview von ABC News an.

Die Drohungen rund um den Film stammten vermutlich von denselben Tätern, die Ende November die Computersysteme von Sony Pictures angegriffen hätten, berichtete das «Wall Street Journal». Unter Berufung auf Quellen bei der US-Bundespolizei FBI berichtete Foxnews, dass Nordkorea hinter diesem Datendiebstahl stehe.

Allerdings sei der Angriff «nicht unbedingt» aus dem Land selbst erfolgt. Eine Hackergruppe namens «Guardians of Peace» (Hüter des Friedens) hat sich zu den Angriffen bekannt und gefordert, den Film zu stoppen. (sda)

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