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Der 900-jährigen Bilderdecke so nah wie nie

Dieses Wochenende feiert Zillis das Jubiläum «900 Jahre Kirchendecke». Eine der raren Gelegenheiten, das Kunstmonument vom Gerüst der Restauratoren aus zu erleben.

Südostschweiz
30.08.14 - 21:00 Uhr

Zillis. – «Man erkennt sogar die Fehler.» Marc A. Nay, Kunsthistoriker und Experte für die Zilliser Kirchendecke, zeigt auf eine der Tafeln, dargestellt ist das Jesuskind. Und tatsächlich: Bei den Haaren des Kinds hat der Künstler die schwarze Konturzeichnung vergessen, die er sonst überall gemacht hat. Ein Detail, das einem Betrachter der 153 Bildtafeln sonst kaum auffallen würde.

Alles ein bisschen anders

Doch an diesem letzten Samstag im August ist alles ein bisschen anders in der Martinskirche: Wer sich für eine Führung angemeldet hat, darf das Gerüst betreten, das die Restauratoren derzeit für ihre in Dreijahres-Intervallen nötigen Kontrollen brauchen. Und so sind die vor genau 900 Jahren geschaffenen Werke plötzlich zum Greifen nah, sprichwörtlich. Wobei jegliches Berühren natürlich verboten ist.

Drei Meister, nicht nur einer

Nay zeigt den Besuchern die Decke gemeinsam mit den Restauratoren Ivano Rampa und Andreas Franz. Er kennt die Bildtafeln in- und auswendig, seine Dissertation ist der Decke gewidmet. «Wir können drei Meister unterscheiden», erklärt Nay: Da gibt es den sehr kalligrafisch malenden Meister A mit seinem Braun-Rot-Grau-Dreiklang. Dann den «etwas flächiger, aber sehr elegant und schwungvoll» arbeitenden Meister B. Und schliesslich Meister C – «ihn erkennt man an den Nasen».

Aus Afghanistan nach Zillis

Und er erzählt von der Malweise der namentlich nicht bekannten Künstler um 1114, von den verwendeten Farben, die teils sogar via Seidenstrasse aus Afghanistan nach Zillis kamen; vom hochgiftigen Auripigment-Gelb, dessen Arsensulfit wohl mit der Gipsgrundierung reagiert hat und mit den Jahren abgefallen ist. Gelb existiert auf der Zilliser Decke nicht mehr.

Dafür hat sich etwas anderes breit gemacht: Pilzbefall. Was die Restauratoren dagegen tun und was der Befall für das Monument bedeutet, schildern Rampa und Franz in der «Schweiz am Sonntag».

Am Sonntag nochmals Führungen

Und wer die Bilderdecke selber aus der Nähe betrachten will: Heute Sonntag, 31. August, werden die Führungen nochmals angeboten, ab 9 Uhr mit einem Unterbruch von 10.40 bis 13 Uhr für Gottesdienst und Festakt. Anmeldung für einen festen Besichtigungstermin ist möglich unter Tel. 078 620 69 86. (jfp)

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