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Graubündens Unihockey droht das Abseits

Piranha Chur und Alligator Malans wollen in den Superfinal. Deren stärksten Juniorenteams spielen diese Tage ebenfalls um den Titel – eine erfreuliche Botschaft. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt aber, dass Graubünden dennoch bald den Anschluss verlieren könnte.

Südostschweiz
31.03.17 - 20:30 Uhr
Flüchtlinge - Deutschland

von Hans Peter Putzi

Sportvereine, die auf keine potenten Göttis zählen können, sind auf eine starke eigene Nachwuchsbewegung angewiesen. Noch herrscht diesbezüglich in Graubünden viel Freude: Sowohl Piranha als auch Alligator kämpfen diese Tage auf U21-Stufe um den Schweizer-Meister-Titel (siehe Kasten). Und Chur Unihockey hat sich wieder zurück in die stärkste U21-Klasse gehievt. Der Wermutstropfen: Chur ersetzt in der nächsten Saison die in der A-Klasse chancenlosen Murmeltiere aus Davos-Klosters.

Profi-Vorbereitung für Amateure

Obwohl der Unihockeysport als Amateur-Bewegung gilt, haben sich die Trainingspensen längst in Richtung Profisport entwickelt. «Im Sommer trainieren unsere U21-Spieler bis zu sechsmal die Woche», sagt Pius Caluori, Cheftrainer der Malanser U21-Equipe. Während der Wettkampfsaison sind es drei bis vier Abend-Einheiten unter der Woche, zusammen mit den Spielen am Wochenende absolvieren die Jung-Alligatoren also übers ganze Jahr wöchentlich fünf bis sechs Einheiten. Dies zusätzlich zur Lehr- und/oder Schulausbildung.

Inklusive der Spiele fordert auch Daniel Darms, Cheftrainer der Piranha-U21-Juniorinnen, vier bis sechs wöchentliche Einsätze von den jungen Frauen. «Wir haben keine andere Wahl, entweder die Spieler sind bereit, diesen wirklich harten Weg zu gehen, oder du verlierst als Verein mittelfristig den Anschluss an die NLA-Spitze», so Caluori. Der 27-jährige Landquarter selbst und Darms opfern ebenfalls ihre gesamte Freizeit für den Sport, bezahlt mit einem Butterbrot.

Dass Malans und Piranha auf U21-Stufe noch um Meisterehren mitspielen können, überrascht Darm trotzdem. Der 47-Jährige ist einer der erfahrensten Unihockey-Funktionäre Graubündens. 1985 spielte er bereits in der NLA bei Curia Print, später feierte er mehrere Titel als Spieler mit Rot-Weiss Chur. Er ist kein Mann der lauten Töne, seine Sicht über den eigenen Tellerrand hinaus ist dafür umso klarer: «Sofern wir in Graubünden im Nachwuchsbereich den Aufwand nicht erhöhen, dürfte es bald eng werden für die NLA-Teams», mutmasst Darms. Er wünscht sich eine bessere Vernetzung zwischen Schule, Lehre und Sport, «die jetzige Situation, die nur Trainings am Abend ermöglicht, erlaubt keine Erhöhung der Trainingseinheiten mehr».

Restschweiz überholt Graubünden

Was der Churer anspricht, wird mit einem Blick auf die Bestrebungen in den übrigen Regionen offenkundig. In Bern können die Talente inzwischen aus zwei Leistungszentren auswählen. Die ambitioniertesten Junioren von Wiler-Ersigen oder Köniz absolvieren dort bereits bis zu acht Trainings pro Woche – die Hälfte am Abend, die andere Hälfte am Vormittag während der Schulzeit. Dass die Weitsicht auch in anderen Regionen grösser als in Graubünden ist, zeigt der nicht in der 
Männer-NLA vertretene Kanton Thurgau. Im dortigen Leistungszentrum bietet der Ex-Churer Olli Oilinki immerhin zweimal wöchentlich Trainings in den frühen Morgenstunden von 6 bis 8 Uhr an.

Wer das von Swiss Unihockey anerkannte Leistungszentrum in Graubünden sucht, sucht vergeblich. Der Kanton mit der ruhmreichsten Unihockey-Vergangenheit steht hier bereits im Abseits. Es existiert auch keine sogenannte Label-Schule. Diese von Swiss Unihockey anerkannten Institute kombinieren Sport mit der schulischen Ausbildung in der Oberstufe. Solche Angebote stehen in Bern, St. Gallen, Thurgau und Zürich zur Verfügung – nicht aber in Graubünden. 

Der Stellenwert der Nachwuchsausbildung in den Vereinen lässt sich auch mit den von Swiss Unihockey verliehenen Labels für die Ausbildung der Nachwuchs-Trainer erahnen. Wiler-Ersigen, Köniz, Rychenberg Winterthur, Langnau, GC und sogar Thun verfügen über solche Teams. Diese Zertifikate sind mit einer nicht unerheblichen 
finanziellen Unterstützung der Juniorenabteilungen durch Swiss Unihockey verbunden. Einverstanden, eine hohe Fachausbildung macht aus einem Übungsleiter nicht automatisch ein Trainergenie. Dass eine intensive und regelmässige Ausbildung auf Dauer bessere Ergebnisse zeitigt, gilt für die Trainer aber genauso wie für die Spieler. Neben Leistungszentrum und Label-Schule sucht man in Graubünden auch Label-Vereine vergeblich.

Doch warum stehen trotzdem zwei Bündner Teams im Playoff-Final? «Noch nie durfte ich eine Mannschaft mit einer derart guten Einstellung übers gesamte Kader betreuen», sagt Caluori. Und Darms lobt den Teamgeist und den Lernwillen seiner Girls: «Mit einem Durchschnittsalter von 16,8 Jahren fehlt zwar einiges an Erfahrung, das Team macht dies jedoch mit ganz viel Willen wett.»

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