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Flyer eines «islamischen Zentralrats» sorgen für Ärger

In Eschenbach und weiteren Gemeinden sind obskure Flyer aufgetaucht. Ein angeblicher «Islamischer Zentralrat Eschenbach» ruft darin die Frauen zum Tragen von Schleiern auf. Bei der Polizei ging eine Anzeige ein.

Urs
Schnider
30.08.17 - 06:39 Uhr
Ereignisse
Diese Flyer landeten heute in den Briefkästen von Eschenbach.
Diese Flyer landeten heute in den Briefkästen von Eschenbach.

Aufruhr in Eschenbach: Flyer mit dem Absender «Islamischer Zentralrat Eschenbach» wurden gestern in mehrere Haushaltungen verteilt. Die Botschaft: «Höflich weisen wir darauf hin, dass wir nun bald in der Überzahl sind, auch bei Ihnen, in dem wunderbaren Dörfchen Eschenbach!» Die Frauen sollen sich doch «wenn möglich verschleiern», um ein «friedliches Zusammenleben zu ermöglichen», heisst es weiter. Die Zukunft Eschenbachs stellen sich die unbekannten Absender mit einer Moschee statt der Kirche vor, wie es das Bild auf der Vorderseite der als Postkarten gestalteten Flyer zeigt.

Fake von Rechtsextremen?

Vergleichbare Postkarten tauchten auch in den Gemeinden Lachen, Schwyz und Herrliberg auf. Das bestätigen die Kapo Schwyz beziehungsweise die Gemeinde Herrliberg. Mehrere verunsicherte oder verärgerte «Südostschweiz»-Leser meldeten sich, um ihrem Unmut Luft zu machen oder zu fragen, was das zu bedeuten habe. Marina Herzog aus Eschenbach reagierte spontan mit einem Leserbrief: «Mit Unverständnis und Wut, gemischt mit Mitleid für den Verfasser» habe sie die Zeilen gelesen. Sie schreibt in ihrem Leserbrief: «Wie sinnlos muss dein Leben doch sein, wenn du solchen Hass verbreiten musst. Ich umarme Dich und sende Dir als Gegenleistung viel Liebe.»

Behörde: «Verwerfliche Aktion»

Vielleicht nimmt Marina Herzog die Botschaft zu ernst. Der Eschenbacher Willy Hogg, der den Flyer ebenfalls im Briefkasten vorfand, dachte als Erstes: «Das könnte ein Fake von rechtsextremer Seite sein.» Seine Frau dagegen habe die Sache ernst genommen. «Sie dachte, das sei echt, ebenso wie eine Nachbarin von uns.»

In den Sozialen Medien kochte das Thema gestern hoch. Auf der Facebookseite «Gemeinde Eschenbach» wurde der Flyer rege kommentiert: «Ich könnte kotzen», schrieb ein User. Und: «Unglaublich», «Sauerei» oder auch «Das ist bestimmt ein Fake.» Am Abend waren jedoch sämtliche Einträge im Zusammenhang mit dem Flyer von der Seite verschwunden.

Richtet sich gegen den Islam

Die Eschenbacher Behörden reagierten: Sie «verurteilen diese verwerfliche und dumme Aktion», wie Gemeindeschreiber Thomas Elser sagt: «Wir erachten das Ganze als einen bösartigen Scherz gegenüber der muslimischen Bevölkerung.» Mit dieser gebe es keine Probleme. Es hätten sich mehrere Leute gemeldet, so Elser. Einige seien beunruhigt gewesen. «Andere haben erkannt, dass die Aktion von einer anderen Seite kommt und sich gegen den Islam richtet. Das ist ein Fake», findet auch Elser. «Hier soll offensichtlich Angst geschürt werden.»
Spekulieren, wer der Absender ist, will Elser nicht. Die Gemeinde habe die Sache bei der Polizei gemeldet. Diese wolle nun abklären, ob die Verteilung der Postkarten strafrechtlich relevant sei. Etwa bezüglich der Rassismus-Strafnorm oder wegen missbräuchlicher Verwendung des Eschenbacher Wappens, das auf der Postkarte verunstaltet abgedruckt wurde.
Die zuständigen Polizeistellen in den Kantonen St. Gallen, Schwyz und Zürich haben Kenntnis von den Flyern. Er könne bestätigen, dass sich rund ein halbes Dutzend Bürger deswegen gemeldet habe, sagt Florian Grossmann von der Kapo Schwyz: «Uns interessiert natürlich, wer diese in Umlauf gebracht hat.»

Anzeige in St. Gallen

In St. Gallen ging wegen der Flyer eine Strafanzeige ein, wie Mediensprecher Gian Andrea Rezzoli bestätigt: «Wir ermitteln in dieser Sache und rapportieren an die Staatsanwaltschaft.» Der Text sei aus derzeitiger Sicht strafrechtlich «eher nicht relevant», so Rezzoli. Das werde aber noch genau abgeklärt. «Einen Verdacht gibt es noch nicht.» Auch die Kantonspolizei Zürich bestätigt, sie habe Kenntnis von diesen «Postkarten» und gehe der Angelegenheit nach.

Werbung muss Brücken bauen

Dass es sich um einen Werbe-Teaser handelt, der in den nächsten Tagen aufgelöst wird, ist eher undenkbar: «Ein Werbeauftraggeber steht kaum dahinter», sagt Frank Bodin, Chairman & CEO der Werbeagentur Havas AG. Er könne sich vorstellen, dass «eine Partei oder Gruppierung dahinter steckt, die eher rechts» stehe. «Es ist in der heutigen Zeit aber ein falscher Ansatz, Angst zu schüren.» Werbung müsse Brücken bauen. Viele populistische Wortführer und Politiker würden mit Ängsten spielen, um Aufmerksamkeit zu generieren.
Und handwerklich brauche man über den «Flyer» nicht zu diskutieren, so Werber Bodin.

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