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Funkkontakt offenbart Fehler vor Untergang der «Sewol»

Mörderisch habe sich die Besatzung der untergegangenen Fähre «Sewol» verhalten - meint Südkoreas Staatspräsidentin. Doch auch an Land machten die Verantwortlichen Fehler. Wie gross das Chaos war, zeigt der letzte Funkspruch vor der Katastrophe.

Südostschweiz
21.04.14 - 18:12 Uhr

Jindo/Seoul. – Der völlig chaotische Funkkontakt der südkoreanischen Fähre «Sewol» mit der Schiffsüberwachungsstelle an Land könnte die Katastrophe um den Untergang noch verschärft haben. Ein Mitschnitt zeigt, wie unentschlossen beide Seiten auch dann noch agierten, als das Schiff mit 476 Menschen an Bord schon in bedrohlicher Schräglage war.

Obwohl die genaue Ursache der Katastrophe weiter unklar ist, ging die südkoreanische Staatspräsidentin Park Geun Hye hart mit dem Kapitän und weiteren verhafteten Besatzungsmitgliedern ins Gericht: Sie warf ihnen mörderisches Verhalten vor. Die Zahl der bestätigten Leichen stieg bis Montagabend (Ortszeit) auf mehr als 80.

Nach der Katastrophe vom Mittwoch vergangener Woche gibt es kaum noch Hoffnung, Überlebende unter den immer noch rund 220 Vermissten zu finden. Die meisten Menschen an Bord waren Schüler auf einem Ausflug.

Wirrwarr vor Untergang

Die «Sewol» und die Überwachungsstelle auf der Insel Chindo hatten nach einem ersten Notruf noch etwa eine halbe Stunde Funkkontakt. Nach rund zwanzigminütigem Hin und Her empfahl das «Jindo Vessel Traffic Services Center», der Kapitän solle über die Evakuierung des Schiffs bestimmen.

«Wir kennen die Situation nicht gut genug, also sollte der Kapitän die endgültige Entscheidung über die Rettung der Passagiere treffen.» Doch die «Sewol»-Besatzung wollte erst wissen, ob die Passagiere sofort gerettet werden könnten. Ein Patrouillenboot sei in zehn Minuten und ein Helikopter in einer Minute zur Stelle, lautete die Antwort.

Die Crew wiederum entgegnete, ein Helikopter reiche nicht, es seien zu viele Passagiere. Das geht aus dem am Sonntag von der Küstenwache veröffentlichten Mitschnitt hervor.

Vorwürfe gegen Besatzung

Staatspräsidentin Park sagte, das Verhalten von Schiffskapitän Lee Jun Seok und weiteren Besatzungsmitgliedern sei nicht zu tolerieren. Sie seien unter den ersten gewesen, die sich gerettet hätten - zugleich hätten sie den Passagieren gesagt, sie sollten an Ort und Stelle bleiben.

«Das kommt einem Mord gleich», meinte die Staatspräsidentin am Montag in Seoul. Park forderte, mögliche Unregelmässigkeiten beim Betrieb der 20 Jahre alten Fähre aufzudecken.

Der Kapitän, die Dritte Offizierin und der Steuermann sitzen seit Samstag in Untersuchungshaft. Am Montag wurden laut der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap auch gegen den leitenden Ingenieur und gegen drei weitere Offiziere Haftbefehle erlassen. Die Ermittler untersuchen unter anderem, warum die Besatzung keine Evakuierungsdurchsage unmittelbar nach dem Unfall gemacht hatte. (sda)

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