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In Ebola-Gebieten droht Hungersnot

Den Ebola-Gebieten in Westafrika droht nach Einschätzung der Welthungerhilfe eine humanitäre Krise. Die Lage entwickle sich von einer Gesundheits- zu einer Hungerkrise, sagte Asja Hanano, Koordinatorin der Welthungerhilfe in Liberia bei einer Pressekonferenz in Berlin.

Südostschweiz
21.08.14 - 19:12 Uhr

Berlin. – Der Handel sei wegen geschlossener Grenzen zum Erliegen gekommen, grosse Märkte blieben deshalb geschlossen. In Sierra Leone seien viele Menschen, die sonst die Felder bestellten, an Ebola gestorben oder dürften ihre Häuser wegen Quarantäne für Wochen nicht verlassen, berichtete Hanano.

Die Preise für Grundnahrungsmittel wie Reis seien dort bereits um bis zu 40 Prozent gestiegen. Die Organisation weitet deshalb ihre Hilfe für Liberia und Sierra Leone aus.

Bisher 1350 Opfer

Derweil stieg die Zahl der mutmasslichen Ebola-Toten auf mindestens 1350, ohne dass ein Ende der Epidemie in Sicht wäre. Das Virus werde noch etliche Monate Menschen töten, ehe die Epidemie eingedämmt werden könne, warnte die Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Die Generaldirektorin der WHO, Margaret Chan, machte in einem Beitrag für die US-Fachzeitschrift «New England Journal of Medicine» darauf aufmerksam, dass sich Ebola über die bislang betroffenen vier Länder Liberia, Nigeria, Guinea und Sierra Leone hinaus ausbreiten könnte.

Der Fall eines nigerianischen Arztes habe gezeigt, dass das lebensgefährliche Virus von infizierten Flugreisenden in «jede Stadt mit einem internationalen Airport» gelangen könne, schrieb Chan.

Der Arzt war der erste Nigerianer, bei dem die Ansteckung mit Ebola bestätigt wurde. Er hatte einen infizierten Berater der liberianischen Regierung behandelt, der mit dem Flugzeug in die nigerianische Hafenstadt Lagos gereist war und am Flughafen zusammenbrach.

Armut als grösstes Problem

Das grösste Problem bei der Bekämpfung des Ebola-Ausbruchs in den am stärksten betroffenen Ländern Guinea, Liberia und Sierra Leone könne mit einem einzigen Wort beschrieben werden: Armut, schrieb Chan. In diesen Ländern kämen nur ein oder zwei Ärzte auf 100'000 Einwohner. Zudem seien die Gesundheitssysteme in jahrelangen Konflikten weitgehend zerstört worden.

«Die internationale Gemeinschaft muss sich darauf einstellen, dass noch viele weitere Monate lang massive, koordinierte und zielgerichtete Unterstützung nötig sein wird», schrieb Chan. In diesen Ländern liesse sich «die Einstellung der Öffentlichkeit in zwei traurigen Worten zusammenfassen: hilflos und hoffnungslos».

Besonders Liberia betroffen

Nach WHO-Angaben stieg die Zahl der Todesfälle, bei denen Ebola eindeutig nachgewiesen wurde, auf 805. Bei 545 weiteren verstorbenen Patienten sei das Virus als Todesursache wahrscheinlich. Die Zahlen deuten darauf hin, dass die Krankheit inzwischen besonders heftig in Liberia wütet.

Spezialisten der WHO überprüfen derzeit in Liberia die Gegenmassnahmen. In mehreren Regionen sowie in der Hauptstadt Monrovia wurden von Polizei und Militär bewachte Quarantänezonen eingerichtet.

Im Armenviertel West Point der liberianischen Hauptstadt kam es dabei zu gewalttätigen Unruhen. Sicherheitskräfte gaben Schüsse ab, wodurch mehrere Menschen verletzt worden sein sollen. Die Regierung betonte aber, den Einsatzkräften seien nur Warnschüsse in die Luft erlaubt. Eine landesweite nächtliche Ausgangssperre wurde laut Medienberichten weitgehend respektiert.

Hoffnungszeichen aus den USA

Ein Hoffnungszeichen gab es aus den USA: Der vor drei Wochen mit einem Spezialflugzeug aus Liberia in die USA ausgeflogene Arzt Kent Brantly kann laut einem Bericht des Fernsehsenders CNN nach der Behandlung mit dem experimentellen Mittel «ZMapp» als geheilt entlassen werden.

Ob dies an dem Medikament liegt, das aus gezüchteten Antikörpern hergestellt wird und vorher nur an Affen getestet wurde, ist unklar. Die WHO hatte kürzlich grünes Licht für den Einsatz experimenteller Medikamente gegeben. Bislang stehen aber weltweit nur sehr kleine Mengen zur Verfügung. (sda)

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