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Linksrum oder rechtsrum heim?

Christian
Ruch
07.01.17 - 17:07 Uhr
MARCO HARTMANN
MARCO HARTMANN

In «Ruchs Rubrik» beleuchtet Christian Ruch Bedenkliches, Merkwürdiges und Lustiges aus der Region Südostschweiz. Das alles einmal wöchentlich und mit viel Esprit und Humor. Ob Politik, Kultur, Wirtschaft oder Sport – in Ruchs Rubrik hat all das Platz, was sich mit einem Augenzwinkern betrachten lässt.

Bekanntlich hat Graubünden Mühe, genügend Gäste in seine Bettchen zu locken. Weniger bekannt ist, dass besagte Gäste ihrerseits manchmal Mühe haben, aus Engadiner Bettchen zurück ins eigene zu finden. Das liegt am dualen Streckensystem der RhB: entweder linksrum via Albula oder rechtsrum via Vereina. Besonders vertrackt ist es in Zuoz: Da kreuzen sich der Linksrum- und der Rechtsrum-Zug, sodass es zur selben Minute in beide Richtungen geht. Sowas verwirrt urbane Unterländer, sie kennen allenfalls rechts- und linksdrehenden Joghurt.

 

Darum kletterten unlängst zwei Zürcherinnen in Zuoz prompt in den falschen Zug, obwohl beide weltgewandt wirkten: Die eine trug so eine Inkamütze aus fair gehandelter Wolle von gewaltfreien Schafen eines Indiofrauenkollektivs am Titicaca-See, die andere hatte schwarze Fingernägel. Also der Lack war schwarz, nicht die Ränder. «Sie sind im falschen Zug», stellte die RhB-Kondukteurin (türkise Fingernägel) fest. «Das Ticket lautet via Sagliains, aber das ist der Zug nach Samedan.» - «Wir wollen nach Landquart», so Frau Schwarznagel. – «Ja, aber Sie müssten in Sagliains umsteigen. Sie können auch in Samedan umsteigen, dann muss ich aber das Ticket ändern.» - «Man hat uns gesagt, das sei gleich teuer.» – «Ja, aber eben ... Moment, ich komm gleich wieder», sprach die Kondukteurin, verschwand und liess sich nicht mehr blicken.

 

So war in Samedan ich gefordert: «Äxgüsi, wenn Sie nach Landquart wollen, müssen Sie umsteigen.» – «Nein, wir müssen nach Sagliains!», sagte Frau Inkamütze. Ich holte tief Luft, um die Feinheiten des RhB-Netzes zu erläutern, doch kam mir meine Liebste mit weiblichem Pragmatismus zuvor und stellte fest, dass dieser Zug nach Pontresina fahre, sie also lieber aussteigen sollten. Blitzartig waren beide Bleichländerinnen weg. Zu unserer Irritation sahen wir sie nicht auf dem Perron des Zugs nach Chur, sodass sie vermutlich via Tirano-Milano in Roma Termini gestrandet sind. 

Übrigens: Da RhB-Kondukteure Reisenden neuerdings wie neulich berichtet wurde Tequila spendieren, ist es völlig egal, ob man links- oder rechtsrum fährt. Mit Tequila dreht sich sowieso alles.

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