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«Es geht darum, dem Kanton ein klares Signal zu senden»

Die Stadt Rapperswil-Jona will dem Kanton im Lido Land für eine neue Berufsschule verkaufen. Drei Immobilien-Experten kritisieren den Deal scharf. Stadtpräsident Erich Zoller nimmt zur Kritik Stellung.

Südostschweiz
16.11.16 - 09:03 Uhr
Politik

Die Stadt Rapperswil-Jona will dem Kanton im Lido für knapp 6,5 Millionen Franken rund 8600 Quadratmeter Bauland verkaufen – in der Zone für öffentliche Bauten. Schräg vis-à-vis des Eisstadions will der Kanton auf dem Ara-Park- platz ein neues Berufs- und Weiterbildungszentrum (BWZ) bauen. Wegen der knappen Kantonsfinanzen allerdings frühestens in zehn Jahren. Der Kanton hat sich gar ein Kaufsrecht bis 2040 ausbedungen. Drei Immobilien-Profis haben den Verkauf vor der Urnenabstimmung am 27. November kritisiert. Die Bürgerversammlung hat dem Landverkauf bereits zugestimmt. Folgendes Interview erschien vor der Versammlung am 26. März 2016 in der Südostschweiz. Inhaltlich dreht sich der Streit noch immer um die selben Fragen.

Erich Zoller, der Verein Einkaufsziel Rapperswil-Jona kritisiert, dass es keine öffentliche Diskussion zum geplanten neuen BWZ-Standort im Lido gegeben hat.
ERICH ZOLLER: Mit der Vorstellung des Masterplans Lido im Stadtforum vor zwei Jahren hat der Stadtrat das Lido als potenziellen Schulstandort genannt und die Gesamtplanung zur Diskussion gestellt. Eine Schule ist die naheliegendste Nutzung im Lido, da sie am wenigsten Verkehr verursacht. Zudem ist das Grundstück in der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen – und prädestiniert für eine innerstädti- sche Verdichtung.

Aber der Landverkauf wurde nicht explizit zur Diskussion gestellt.
Der Verkauf selbst wurde bisher nicht öffentlich zur Diskussion gestellt. Das Grundstück ist aber seit Jahren als Standort für eine kantonale Schule im Gespräch, etwa im Zusammenhang mit der Erstellung eines Provisoriums am heutigen BWZ-Standort oder mit den Diskussionen rund um eine Kantonsschule in Rapperswil-Jona.

Einkaufsziel und auch Verkehrsverein kritisieren, dass die Verschiebung des BWZ vom heutigen Standort beim Sonnenhof ins Südquartier negative Auswirkungen für die Lebensmittelgeschäfte und die Restaurants in und um die Altstadt hat. Einige hundert Schüler verpflegten sich auf einmal nicht mehr im Rapperswiler Zentrum.
Es ist klar, dass ein Standortwechsel des BWZ Veränderungen im Konsumver- halten nach sich zieht, obwohl gut 200 Berufsschüler pro Tag wohl keine zu überschätzende Nachfrage auslösen dürften. Angebot und Nachfrage müssten sich neu finden. Es entstehen da- durch Chancen für Anbieter im Süd- quartier – etwa das Lido-Lädeli, das Ba- di-Restaurant oder die Mensa der Hoch- schule. Es ist zudem keine Weltreise vom Lido über die SBB-Passarelle auf die Nordseite der Bahngleise.

Also alles kein Problem?
Es wird Veränderungen geben. Aber am jetzigen BWZ-Standort wird auch wieder etwas Neues entstehen.

Das Einkaufsziel bemängelt, dass der Stadtrat keine Vorstellung hat, was auf das BWZ am jetzigen Standort beim Sonnenhof folgen soll.
Die Stadt und die Region werden be- sorgt sein müssen, dass der BWZ-Neu- bau vom Kanton nicht auf den St. Nim- merleinstag verschoben wird. Aber rea- listischerweise muss man mit mindes- tens zehn Jahren bis zur Umsetzung rechnen. Dass wir bei diesem Planungshorizont schon konkrete Pläne für den heutigen BWZ-Standort haben, ist nicht angemessen.

Verkehrsvereins-Präsident und Immobilienexperte Reto Klotz befürchtet eine Bauruine, da das älteste Schulgebäude schutzwürdig ist. Es würden sich kaum Investoren für einen teuren Umbau finden lassen, zumal es etwa Büroräume ohnehin schon im Überfluss gebe.
Wenn es an dieser Toplage in Rap- perswil-Jona in zehn oder 15 Jahren keine Nachfrage für ein Bauprojekt gibt, sei es für Arbeitsplätze oder Woh- nungen, dann verstehe ich die Welt nicht mehr.

Hat der Stadtrat die Schützwürdigkeit des Gebäudes abgeklärt?
Das alte Schulgebäude ist nicht in der kommunalen Schutzverordnung aufgeführt. Doch selbst wenn man es erhalten wollte, gäbe es noch genug Gestaltungsspielraum für Folgenutzungen. Das zeigen Beispiele in anderen Gemeinden.

Klotz schlägt als ehemaliger Bausekretär von Rapperswil vor, ein zu- sätzliches Schulgebäude nahe am jetzigen Standort zu bauen. Das sei wesentlich günstiger. Etwa an der Bachstrasse auf der anderen Seite der Sonnenhof-Kreuzung, wo der Stadt Land gehört und heute ein Parkplatz ist.
Der Kanton hat über die Jahre verschiedene Optionen geprüft. Neben dem Bahnhof Jona auch den bisherigen BWZ-Standort oder den Raum beim Schulhaus Burgerau. Er kam zum Schluss, dass das Lido die beste Option für ihn ist. Für die Stadt ist dieser Stand- ort aus den eingangs erwähnten Grün- den ebenfalls geeignet. Mit dem Landverkauf wollen wir dem Kanton nun ein klares Signal senden, dass wir das BWZ weiter in der Stadt wollen.

Ist es wirklich realistisch, dass der Kanton die Berufsschule aus Rapperswil-Jona abziehen könnte, wenn man das Geschäft zur Überprüfung des Standorts nochmalszurückstellt? Das gäbe doch einen gewaltigen politischen Aufruhr in der Region.
Wenn jemand glaubt, dass das BWZ unter allen Umständen und für alle Zeiten in Rapperswil-Jona gesichert ist, täuscht er sich. Der Kanton neigt dazu, die Berufsschulen zu konzentrieren. So wurden vor drei Jahren bereits die Bauzeichner nach St.Gallen verlegt – trotz Widerstand aus der Region. Ich will mir nie vorwerfen lassen müssen, mit dem BWZ fahrlässig umgegangen zu sein. Andere können Standortfragen unbeschwerter diskutieren.

Doch ist es vernünftig, Land zu heutigen Preisen für in 20 Jahren zu verkaufen? Die Bodenpreise dürften weiter steigen.
Der Kanton wäre bereit, das Land sofort zu kaufen. Damit wir den Ara-Parkplatz weiter selber bewirtschaften können und die Einnahmen bei uns bleiben, wird der Verkauf in unserem Interesse erst später vollzogen.

Noch besser für die Stadt wäre es, auch den Verkaufspreis später festzulegen.
Der Stadtrat hat im politischen Umfeld eine Interessenabwägung gemacht. Der Kanton möchte sich jetzt ein Grundstück sichern.

Klotz wirft dem Stadtrat auch vor, im Lido wegen Altlasten der früheren Abwasseranlage sowie wegen des schwierigen Baugrunds ein Millionengrab zu verursachen. Sind diese Themen im Vertrag geregelt?
Ja, das ist geregelt. Allfällige Altlasten gingen zulasten der Stadt. Wir kennen das Land; es befindet sich nicht im Alt- lastenkataster. Es könnten höchstens überschaubare Kosten für Altlasten an- fallen. Wie hoch diese genau sind, kann erst ein konkretes Projekt zeigen.

Was ist mit einer künftigen Tiefgarage unter der Schule – als Ersatz für den heutigen Ara-Parkplatz? Wer kommt für die mutmasslich hohen Kosten im schwierigen Baugrund auf?
Da nur ein Teil der Parkplätze dem BWZ dienen würde, ist im Vertrag ein Kostenteiler zwischen Kanton und Stadt definiert. Der Kanton zahlt jene Parkplätze, die er für das BWZ braucht. Entsprechend wären auch die Einnah- men aus den Parkgebühren aufgeteilt.

Klotz rechnet aufgrund der Erfahrungen beim Parkhaus See beim Fischmarktplatz mit Kosten von rund 100 000 Franken pro Tiefgaragenparkplatz im Lido. Das ergäbe bei aktuell rund 200 Parkplätzen alleine für die Tiefgarage einen zweistelligen Millionenbetrag. Ist da eine kostendeckende Parkplatzbewirtschaftung noch möglich?
Unsere Fachleute rechnen mit tieferen Kosten. Was dannzumal gebaut wird, ist zudem noch offen.

Wieso veröffentlicht der Stadtrat den Kaufvertrag nicht, um alle Bestimmungen transparent zu machen?
Der Stadtrat hat noch nie einen Kauf- vertrag abgedruckt oder im Detail zur Diskussion gestellt. Das ist im Rahmen einer Bürgerversammlung nicht sinnvoll. Die Bürgerschaft wird aufgrund der wichtigsten Eckdaten wie Fläche, Preis und Nutzung einen Grundsatzentscheid fällen, ob sie dem Kanton Land für ein BWZ verkaufen will oder nicht – mit den entsprechenden Signalen an den Kanton.

Ein weiterer Bericht zum Thema findet sich in der Südostschweiz Ausgabe Gaster See vom Mittwoch.

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